Aktuelle Kurzinformationen
Bundestag verabschiedet Hinweisgeberschutzgesetz, ArbRB 2023, 1
Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie, ArbRB 2023, 1
Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld und Änderungen für Grenzgänger, ArbRB 2023, 1-2
EuGH: Tarifvergütung für Leiharbeitnehmer – Equal-pay-Grundsatz, ArbRB 2023, 2
BVerfG: Tarifliche Höhergruppierung von Servicekräften am AG, ArbRB 2023, 2
BAG: Verfall von Urlaub aus gesundheitlichen Gründen, ArbRB 2023, 2
BAG: Berücksichtigung der Rentennähe bei der Sozialauswahl, ArbRB 2023, 2
BAG-Terminvorschau Februar 2023, ArbRB 2023, 2-3
Rechtsprechung
Individualarbeitsrecht
BAG v. 30.11.2022 - 5 AZR 336/21 u.a. / Braun, Axel, Wirksamkeit einer Versetzung ins Ausland, ArbRB 2023, 3-4
BAG v. 16.8.2022 - 9 AZR 76/22 (A) / Schewiola, Sascha, Vorlage an den EuGH: Pflicht zur Nachgewährung von Urlaub bei Anordnung häuslicher
Quarantäne?, ArbRB 2023, 4
BAG v. 25.8.2022 - 2 AZR 225/20 / Markowski, Jürgen, Datenschutzbeauftragte: Sonderkündigungsschutz auch innerhalb der Wartezeit gem. § 1
Abs. 1 KSchG, ArbRB 2023, 4-5
BAG v. 27.9.2022 - 2 AZR 5/22 / Range-Ditz, Daniela, Auflösungsantrag des Arbeitgebers ohne Einwilligung der Gegenseite oder explizite
Zulassung auch in der Berufungsinstanz zulässig, ArbRB 2023, 5-6
Thüringer LAG v. 27.9.2022 - 1 Sa 158/21 / Esser, Patrick, Betriebsbedingte Kündigung bei Abbau einer Hierarchieebene, ArbRB 2023, 6-7
LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 21.6.2022 - 2 Sa 251/21 / Sasse, Stefan, Angemessenheit der Ausbildungsvergütung, ArbRB 2023, 7-8
LAG Thüringen v. 6.9.2022 - 1 Sa 427/20 / Einfeldt, Eva, Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes bei Aufnahme einer unbezahlten Tätigkeit, ArbRB 2023, 8
LAG Thüringen v. 29.6.2022 - 4 Sa 212/21 / Einfeldt, Eva, Keine außerordentliche Kündigung trotz Beleidung von Vorgesetzten und Kollegen, ArbRB 2023, 8-9
Kollektives Arbeitsrecht
BAG v. 13.9.2022 - 1 ABR 22/21 / Hülbach, Henning, Pflicht zur Arbeitszeiterfassung (“Stechuhr-Entscheidung“), ArbRB 2023, 9-10
BAG v. 17.5.2022 - 1 ABR 37/20 (A) / Markowski, Jürgen, Vorlage an den EuGH: Pflicht zur Nachholung der Arbeitnehmerbeteiligung im Fall einer
bei Gründung arbeitnehmerlosen SE?, ArbRB 2023, 10-11
LAG Köln v. 2.9.2022 - 9 TaBV 16/22 / Mues, Werner M., Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs über Krankenrückkehrgespräche, ArbRB 2023, 11-12
ArbG Bonn v. 6.10.2022 - 3 BV 116/21 / Steffan, Ralf, Agile Arbeit und Mitbestimmung – “Scrum“ als Gruppenarbeit, ArbRB 2023, 12-13
Beiträge für die Beratungspraxis
Arbeitsrechtsfragen aus der Praxis
Lunk, Stefan, Die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit, ArbRB 2023, 13-18
Kaum ein Thema beschäftigt die arbeitsrechtliche Fachwelt und betriebliche Praxis
seit langem so sehr wie die rechtliche Behandlung der Arbeitszeit. Kritisiert wird
insbesondere, dass es seit Jahren nicht gelingt, einheitliche oder gar für die Praxis
handhabbare Kriterien zu entwickeln. Das hat vielerlei Gründe:– Zu differenzieren
ist zwischen vergütungspflichtiger, mitbestimmter und ordnungsrechtlicher Bedeutung
von Arbeitszeit, was neuerdings kritisiert und nicht immer getrennt wird;– die Thematik
ist unionsrechtlich überformt und der EuGH entwickelt eine eigenständige Rechtsprechung;–
eine handhabbare Definition dessen, was Arbeitszeit ist, existiert ungeachtet deren
Bedeutung nach wie vor nicht;– “moderne“ Arbeitsformen machen es zumindest in ordnungsrechtlicher
Hinsicht immer schwieriger, Arbeitszeit von Freizeit zu trennen;– der Ruf nach mehr
Flexibilität ist grds. ebenso nachvollziehbar wie Warnungen vor der unbegrenzten,
selbstausbeutenden Arbeit;– schließlich haben mehrere Bundesregierungen unterschiedlicher
Zusammensetzungen zwar wohlfeile Aussagen zur Arbeitszeit in ihre jeweiligen Koalitionsverträge
geschrieben; dort ist viel von “Experimentierräumen“ die Rede (Koalitionsvertrag Große
Koalition 2018, S. 52; Koalitionsvertrag “Ampel“ S. 68). Eine Neuregelung oder gar
eine Zeitenwende im Arbeitszeitrecht ist bisher jedoch ausgeblieben.Vor dem Hintergrund
dieser Gemengelage erließ der EuGH sein CCOO-Judikat (EuGH v. 14.5.2019 – C-55/18).
Dem folgt nun der 1. Senat des BAG mit seinem Beschl. v. 13.9.2022 – 1 ABR 22/210,
der nachfolgend analysiert und dessen Konsequenzen aufgezeigt werden.
Richter, Marcus, Betriebsänderungen erkennen und gestalten, ArbRB 2023, 18-21
Arbeitgeber übersehen gelegentlich, dass die Umsetzung eines Projekts mit einer oder
mehreren Betriebsänderungen i.S.v. § 111 BetrVG einhergeht. Ein solcher Fauxpas kann
fatale Folgen haben. Das gilt nicht nur wegen der mit der Umsetzung der Betriebsänderung
ausgelösten Nachteilsausgleichsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer, sondern vor
allem wegen der zeitlichen Verzögerungen, die sich infolge der Entdeckung der Betriebsänderung
einstellen und das gesamte Projekt infrage stellen können.Beispielhaft sei die beabsichtigte
kurzfristige Veräußerung eines Geschäftsbereichs angeführt, die bei näherer Betrachtung
mit einer Abspaltung von wesentlichen Betriebsteilen und damit einer Betriebsänderung
einhergeht. Wird dies übersehen und reklamiert der Betriebsrat – zu Recht – die Beachtung
seiner Mitbestimmungsrechte (ggf. sogar unter Erwirken einer einstweiligen Unterlassungsverfügung),
kann dies eine zeitnahe Umsetzung der Veräußerung unmöglich machen. Mindestens ebenso
misslich ist der umgekehrte Fall, in dem der Arbeitgeber fälschlicherweise vom Vorliegen
einer Betriebsänderung ausgeht. Verhandelt er aufgrund seines Irrtums zeitaufwendig
einen Interessenausgleich, “erkauft“ er eine “Namensliste“ durch eine hohe Dotierung
des Sozialplans und lernt dann in den späteren Kündigungsschutzverfahren, dass die
Namensliste gar keine Rechtswirkung entfaltet und sich seine Prozessrisiken gänzlich
anders darstellen als von ihm gedacht, denn § 1 Abs. 5 KSchG privilegiert nur Interessenausgleiche
mit namentlicher Benennung der zu kündigenden Arbeitnehmer, denen eine Betriebsänderung
i.S.v. § 111 BetrVG zugrunde liegt.Beide Beispiele zeigen, dass es äußerst ratsam
ist, bereits im Zuge einer Projektierung in Rede stehenden Einzelmaßnahmen daraufhin
zu überprüfen, ob sie als Betriebsänderung qualifiziert werden müssen. Die nachstehenden
Ausführungen zeigen anhand eines Fallbeispiels auf, worauf mit Blick auf die maßgebliche
Vorschrift des § 111 BetrVG generell zu achten ist.
Bonanni, Andrea / Fehlberg, Franziska, Der Geschäftsführer als Arbeitnehmer 2.0?, ArbRB 2023, 21-25
Die Frage der Anwendbarkeit von Arbeitnehmer-Schutzvorschriften auf (Fremd-)Geschäftsführer
beschäftigt schon seit Jahren die Rechtsprechung und Literatur. Dieser Beitrag gibt
einen Überblick über den Status quo und stellt die Auswirkungen der unionsrechtlichen
Rechtsprechung auf die nationale Rechtsanwendung dar.
Moderegger, Christian, Basiswissen Warnstreik, ArbRB 2023, 25-28
Auch in den Tarifrunden des neuen Jahres sind wieder einige Warnstreiks zu erwarten.
Aber was ist das überhaupt: ein Warnstreik? Mangels gesetzlicher Regelungen ist das
Arbeitskampfrecht weitgehend Richterrecht. Hiervon ausgehend stellen die nachfolgenden
Ausführungen kurz und kompakt die verschiedenen Erscheinungsformen des Warnstreiks
dar, seine Zulässigkeitsvoraussetzungen, Details zum Streikaufruf, mögliche Maßnahmen
des Arbeitgebers und die wichtigsten Sonderfälle, wie etwa die Zulässigkeit des Einsatzes
betriebsfremder Arbeitnehmer.
Hinweise zur Vertragsgestaltung
Windeln, Norbert / de Kruijff, Adrianus, Urlaub nach Bedarf – Über das “Kaufen“ und “Verkaufen“ von Urlaubstagen, ArbRB 2023, 28-31
Der Erholungsbedarf von Arbeitnehmern ist stark von individuellen Faktoren abhängig
und nicht immer gleich. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Modell attraktiv, bei
dem die Anzahl der in einem Urlaubsjahr zur Verfügung stehenden Urlaubstage nicht
starr vorgeschrieben ist, sondern die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, im Gegenzug
für eine Reduzierung oder Erhöhung ihrer Vergütung hierauf flexibel Einfluss zu nehmen.
Der nachfolgende Beitrag stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein solches
Kaufen und Verkaufen von Urlaubstagen dar und gibt praktische Tipps für die Umsetzung.
Ein Exkurs behandelt das Spenden von Urlaubstagen.