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Bundesrat nimmt Stellung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes

Der Bundesrat hat am 12.2.2021 Stellung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) genommen. Die geplante Änderung berücksichtigt die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in ihrer Gesamtheit und soll zu einem modernen und anwenderfreundlichen Personalvertretungsrecht führen. Aufgrund des umfangreichen Änderungsbedarfs erfolgt die Novellierung in Form eines Ablösungsgesetzes.

I. Verfahren

01.01.2021      Gesetzesentwurf der Bundesregierung
12.2.2021 Stellungnahme des Bundesrates
29.01.2021 Empfehlungen der Ausschüsse 

 

II. Hintergrund und Ziel

Das BPersVG wurde zuletzt 1974 novelliert und seitdem nur punktuell fortgeschrieben. In Hinblick auf die zahlreichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte ist es nach der Bundesregierung erforderlich (s. Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode, Zeile 6035), das BPersVG in die Zeit zu stellen.

Die umfassende personalvertretungsrechtliche Judikatur, die An- und Herausforderungen zeitgemäßer Organisation und Arbeitsbedingungen der Personalvertretungen, der tiefgreifende Wandel der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durch die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -formen sowie die Erfordernisse der Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie, der Fortfall der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für das Personalvertretungsrecht der Länder und die Anforderungen an Anwenderfreundlichkeit und Rechtsförmlichkeit stehen beispielhaft für den Reformbedarf.

Die vier wesentlichen, zum Teil ineinandergreifenden Ziele der Reform bestehen (a) in der Sicherstellung von Rechtsaktualität durch Aufgreifen aktueller Entwicklungen im Dienst- und Personalvertretungsrecht, (b) in der Rechtsangleichung an das im Jahr 2001 reformierte Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), (c) in der Schaffung von Rechtsklarheit durch Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und schließlich (d) der Rechtsbereinigung und Neustrukturierung zur Erhöhung der Lesbarkeit und Anwenderfreundlichkeit.

III. Wesentliche Inhalte

Der Gesetzentwurf hat folgende Schwerpunkte:

  • Verbesserung der Systematik und Verständlichkeit durch grundlegende Neustrukturierung des Gesetzes; umfassende sprachliche und rechtsförmliche Überarbeitung und Rechtsbereinigung,
  • Rechtsvereinfachung durch Streichung überholter Rechtsvorschriften, insbesondere der Vorgaben für die Länder als Folge des durch die Föderalismusreform im Jahr 2006 neugestalteten Kompetenzgefüges,
  • Überarbeitung der Wahlrechtsvorschriften, insbesondere Ausweitung zulässiger Abwesenheitszeiten der Beschäftigten auf zwölf Monate bei längerfristiger Beurlaubung, Absenkung der Altersgrenze für die Wahlberechtigung auf 16 Jahre sowie Streichung der Altersgrenzen für Auszubildende bei der Wahl der Jugend- und Auszubildenden-vertretungen,
  • Vermeidung personalvertretungsloser Zeiten durch:
    • stichtagsgenaue Amtszeiten der Personalvertretungen,
    • Schaffung von Übergangsmandaten bestehender Personalvertretungen bei ver-späteten Wahlen oder verspäteter Konstituierung neu gewählter Personalvertre-tungen und bei Umstrukturierungsmaßnahmen sowie
    • Beschleunigung von Neuwahlen bei Wahlanfechtung und Auflösung von Perso-nalvertretungen,
  • Optionale Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen für Sitzungen der Personal-vertretungen als ergänzende Alternative zu Präsenzsitzungen (befristet bis zum Ablauf des 31.12.2024),
  • Erleichterung von Teilfreistellungen, Ausschluss von Marginalfreistellungen, Verteilungen der Freistellungen durch die Vorschlagsliste,
  • Regelung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit der Personalvertretung bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,
  • Vermeidung von Medienbrüchen durch Gewährleistung rechtssicherer elektronischer Kommunikation zwischen Dienststelle und Personalvertretung im Beteiligungsverfahren,
  • Zeitliche Flexibilisierung von Beteiligungsverfahren durch die Möglichkeit einvernehmlicher Fristabsprachen,
  • Vermeidung von Verfahrensverzögerungen durch Einführung einer Reaktionspflicht der Dienststelle auf Initiativanträge und Vorlagen im Stufenverfahren,
  • Beachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben zum Letztentscheidungs-recht parlamentarisch verantwortlicher Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungs-träger im Mitbestimmungsverfahren,
  • Schaffung neuer und Präzisierung bestehender Mitbestimmungstatbestände im Be-reich flexibler Arbeitsformen und -zeiten, der Anordnung von Mehrarbeit, der Umsetzung mit Dienstortwechsel, der Personalgestellung, der Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie sowie des betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements,
  • neuer Mitwirkungstatbestand bei der Privatisierung von Aufgaben,
  • Institutionalisierung der Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte mit einem Stellungnahmerecht in ressortübergreifenden Angelegenheiten mit Digitalisierungsbezug.

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen lassen sich unter Fortsetzung des konstruktiven Dialogs mit den Beteiligten konsensbasiert umsetzen. Maßnahmen, die weiterhin intensiver Erörterung mit allen Beteiligten bedürfen, werden zunächst zurückgestellt. Die Fortentwicklung des Bundespersonalvertretungsrechts unter Berücksichtigung der sich stetig verändernden Organisations- und Arbeitsbedingungen in der öffentlichen Verwaltung bleibt ein kontinuierlicher Prozess.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.01.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln