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Bundesregierung beschließt Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts

Die Bundesregierung hat am 01.01.2021 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts beschlossen. Mit diesem soll dem Änderungsbedarf hinsichtlich ein paar Einzelpunkten begegnet werden, der durch die Praxiserfahrungen sichtbar geworden ist.

I. Verfahren

01.01.2021   Gesetzesentwurf der Bundesregierung

II. Hintergrund

Die Strukturreform im Jahr 2009 hat den Versorgungsausgleich grundlegend neu geregelt. Ziel war es, den Versorgungsausgleich gerechter und für alle Beteiligten verständlicher zu gestalten. Kernstuck der Strukturreform war die Verabschiedung des früheren Konzepts des Einmalausgleichs und die parallele Einführung des Konzepts des Einzelausgleichs. Seither ist die nach früherem Recht erforderliche Vergleichbarmachung unterschiedlicher Anrechte, die häufig zu Wertverzerrungen und Prognosefehlern führte, im Regelfall entbehrlich und jedes Anrecht wird grundsätzlich gesondert zwischen den Ehegatten geteilt. Betriebliche und private Versorgungen können vollständig in das neue Ausgleichssystem einbezogen werden. Die Ehegatten haben weitere Gestaltungsspielräume als früher für Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich. Bei der Scheidung sollte eine abschließende Entscheidung über die Aufteilung der Versorgungsanrechte getroffen werden, nach Möglichkeit auch durch Vereinbarungen der Ehegatten. Die Versorgungsschicksale der Ehegatten sollten grundsätzlich endgültig getrennt werden und die ausgleichsberechtigte Person eine eigenständige, von der ausgleichspflichtigen Person unabhängige Versorgung erhalten.  

Die in nunmehr zehn Jahren seit Inkrafttreten der Reform gesammelten Erfahrungen zeigen, dass der strukturelle Neustart grundsätzlich gelungen ist. Dank des großen Engagements aller Beteiligten von der Erarbeitung der Reform bis zur Umsetzung in der Praxis konnten die Herausforderungen des neuen Rechts bewältigt werden. Der Versorgungsausgleich wird auch in Zukunft mit neuen Rechtsfragen und praktischen Herausforderungen konfrontiert werden. Bedingt wird dies u.a. durch die Akzessorietät zu den Versorgungssystemen, die fortlaufend Änderungen unterworfen sind. Die Entscheidungen der Strukturreform sollten nicht ohne rechtstatsächliche Untersuchung in Frage gestellt werden. Hierzu ist eine Evaluierung des Versorgungsausgleichs geplant, auf deren Grundlage dann über Änderungsbedarf entschieden werden könnte, der teilweise in Literatur und Praxis bereits diskutiert wird. In Einzelpunkten im Verfahrensrecht und im Versorgungsrecht hat sich allerdings bereits ein Bedarf an gesetzgeberischen Klarstellungen und Weiterentwicklungen ergeben.

III. Wesentliche Inhalte

Der Entwurf sieht folgende Änderungen vor:

  • Der Versorgungsträger kann ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person die externe Teilung eines Anrechts nach den §§ 14, 17 des Versorgungsausgleichs-gesetzes (VersAusglG) nur verlangen, wenn bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten werden. Hier sollen künftig in dem Fall, dass der Versorgungsträger hinsichtlich mehrerer Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung die externe Teilung verlangt, die Ausgleichwerte mit Blick auf die Wertgrenzen zusammengerechnet werden.
  • Bei Anrechten der betrieblichen Altersversorgung und der Privatvorsorge kann ein Leistungsbezug der ausgleichspflichtigen Person zwischen Ehezeitende und Rechts-kraft der Versorgungsausgleichsentscheidung (negative) Auswirkungen auf den Ausgleichswert haben. Dies kann dazu führen, dass die ausgleichsberechtigte Person im Wertausgleich bei der Scheidung letztlich ein gekürztes Anrecht erhalten würde. Sie soll sich daher über ein Wahlrecht dafür entscheiden können, dass das Anrecht in diesem Sonderfall dem schuldrechtlichen Ausgleich zwischen den Ehegatten vorbehalten bleibt.
  • Der Versorgungsträger ist nach § 30 VersAusglG vor einer doppelten Inanspruchnahme geschützt, wenn er nach einer rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht mehr nur gegenüber der bisher berechtigten Person, sondern ebenfalls gegenüber der nunmehr auch berechtigten Person zur Leistung verpflichtet ist. Diesbezüglich soll klargestellt werden, dass die Leistungsbefreiung nur im Umfang einer tatsächlichen betragsmäßigen Überzahlung an die bisher berechtigte Person greift, da auch nur insoweit eine Doppelleistung gegenüber den Ehegatten droht.
  • Im Verfahrensrecht wird der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Antrag auf Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung praxisgerecht vorverlegt.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.01.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln