Der Bundesrat hat am 25.06.2021 das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst gebilligt.
I. Verfahren
II. Hintergrund und Ziel
In Hinblick auf das Verfassungsgebot zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Art. 3 Abs. 2 GG) wurde 2015 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (BGBl. I S. 642 - "FüPoG") erlassen. Zu Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen wurden im privatrechtlichen Teil des Gesetzes die fixe Quote für Aufsichtsräte sowie die flexible Quote (Zielgröße) in Aufsichtsräten, Leitungsorganen und den obersten beiden Führungsebenen börsennotierter oder mitbestimmter Unternehmen eingeführt. Im Bereich des öffentlichen Dienstes wurde das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) novelliert. Dabei wurden die Vorgaben für den Gleichstellungsplan in Anlehnung an die Zielgrößenregelung in der Privatwirtschaft ausgestaltet. Zudem wurde die institutionelle Stellung der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt. Darüber hinaus wurde das Bundesgremienbesetzungsgesetz (BGremBG) so gefasst, dass sukzessive eine paritätische Besetzung von Gremiensitzen des Bundes erreicht werden sollte.
Die Entwicklung des Frauenanteils in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst zeigt indes, dass es erforderlich ist, die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu verbessern. Im Bereich der Privatwirtschaft hat die fixe Aufsichtsratsquote zwar zu einer erheblichen Steigerung des durchschnittlichen Frauenanteils in Aufsichtsräten geführt: Im Vorstand, für den es bislang keine Mindestbeteiligung gibt, sind aber Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Auffällig ist auch die große Anzahl von Unternehmen, die sich insbesondere für den Frauenanteil im Vorstand als Zielgröße für die kommenden Jahre weiterhin eine Null setzen (Zielgröße Null), was bedeutet, dass keine Frau für das Organ eingeplant wird. In den Organen von Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, und großenteils auch in den Führungspositionen im Bereich des öffentlichen Dienstes sind Frauen ebenfalls unterrepräsentiert.
Es besteht folglich einen Verbesserungsbedarf. Die Bereitschaft der Unternehmen, für ihre Leitungsorgane auch Frauen zu gewinnen, muss sich spürbar erhöhen. Der Bund sollte für seine Dienststellen mit gutem Beispiel vorangehen und sich konkrete Vorgaben setzen, wann und wie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen erreicht werden soll. Mit dem angenommenen Gesetzentwurf sollen daher die Wirksamkeit des FüPoG erhöht und die bestehenden Regelungen sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den öffentlichen Dienst weiterentwickelt werden.
III. Wesentliche Inhalte
Zu Erreichung des vorerwähnten Ziels sieht der Gesetzesentwurf folgende Maßnahmen vor:
- Weiterentwicklung der Regelungen für die Privatwirtschaft: (a) Einführung einer Vorstandsquote im Sinne eines Mindestbeteiligungsgebots: Besteht der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, so muss er künftig mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein. (b) Begründungspflicht für die Festlegung der Zielgröße Null für den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat. (c) Verbesserung und wirksame Ausgestaltung des Sanktionsmechanismus bei der Verletzung von Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Festlegung von Zielgrößen.
- Novellierung der gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des Bundes und Mindestbeteiligung in Leitungsorganen von Unternehmen mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung: (a) Die Einschränkung des Geltungsbereichs des BgremBG auf Gremien mit mindestens drei vom Bund zu bestimmenden Mitgliedern wird aufgehoben. Die gesetzlichen Vorgaben werden auf Aufsichtsgremien und wesentliche Gremien ausgeweitet, bei denen der Bund zwei Mitglieder bestimmen kann. (b) Die Unterrichtungs- und Begründungspflicht bei drohendem Unterschreiten des Paritätsziels wird von Aufsichtsgremien auf wesentliche Gremien ausgeweitet und klargestellt, dass die Unterrichtung zeitig, also bereits bei drohendem Nichterreichen zu erfolgen hat. (c) Der Gesetzentwurf legt im BGleiG fest, dass bis 2025 das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Bundesverwaltung erreicht werden soll. Dadurch werden die Dienststellen im Geltungsbereich des Gesetzes verpflichtet, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die die praktische Voraussetzung für die Erreichung dieses Zieles darstellen. Eine Konkretisierung der Vorgaben und Maßnahmen für die Dienststellen und ihre Bereiche ist im Gleichstellungsplan vorzunehmen.
- Ausweitung der fixen Aufsichtsratsquote auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes: Für diese Unternehmen wird - unabhängig von Börsennotierung oder Mitbestimmung - die Pflicht eingeführt, im Aufsichtsrat die fixe Quote von mindestens 30% entsprechend § 96 Abs. 2 AktG zu erfüllen. Weitergehende Vorgaben für eine paritätische Besetzung von Aufsichtsgremien hinsichtlich der vom Bund zu bestimmenden Mitglieder nach § 5 Abs. 1 BGremBG bleiben unberührt. Zudem wird für ein Geschäftsführungsorgan mit mehr als zwei Personen ein Mindestbeteiligungsgebot von einer Frau und einem Mann eingeführt.
- Novellierung der gesetzlichen Regelungen für Körperschaften des öffentlichen Rechts: Der Geltungsbereich des FüPoG wird auf Körperschaften des öffentlichen Rechts des Bundes erweitert. Für die Leitungsorgane der Körperschaften im Bereich der Sozialversicherung - mehrköpfige Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen, die Geschäftsführungen der Renten- und Unfallversicherungsträger, das Direktorium der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit - soll insbesondere eine Mindestbeteiligung von einer Frau und einem Mann eingeführt werden.
Das Gesetz kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Am Tag darauf soll es in Kraft treten.
Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.02.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln