Der Bundesrat hat am 12.02.2021 einen Gesetzesbeschluss des Bundestags gebilligt, der den Bezug von Elterngeld flexibler gestaltet und Corona-Sonderregelungen einführt.
I. Verfahren
II. Hintergrund und Ziele
Das Elterngeld Plus erleichtert seit 2015 die Kombination von Elterngeld und Teilzeitarbeit und gibt Müttern und Vätern auch über das erste Lebensjahr des Kindes hinaus mehr Spielraum, um die Bedürfnisse des Kindes mit dem eigenen Wunsch der Ausübung einer Berufstätigkeit zu verbinden. Das Elterngeld hat also dazu beigetragen, dass sich Familien- und Arbeitszeit zwischen Müttern und Vätern neu verteilt hat. Laut jungen Lebens- und Familienentwürfen wächst jedoch gerade bei Vätern der Wunsch, Zeit mit ihrem Kind zu verbringen; gleichzeitig haben sie aber auch das Bedürfnis, die Familie finanziell abzusichern. Sie äußern daher den Wunsch nach flexibleren Möglichkeiten, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Laut Studien wünschen sich Eltern mit kleinen Kindern zudem eine stärkere Förderung der partnerschaftlichen Aufteilung von Berufsarbeit und Kinderbetreuung. Dazu trägt nachweislich der Partnerschaftsbonus bei, der die parallele Teilzeit beider Eltern mit zusätzlichen Elterngeld Plus-Monaten unterstützt; dieser wird aber bisher nur von einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Eltern in Anspruch genommen - aus Sorge darüber, die Voraussetzungen für den Partnerschaftsbonus nicht erfüllen zu können und so möglichen Rückforderungen ausgesetzt zu sein.
Die durch eine sehr frühe Geburt eines Kindes ausgelösten möglichen Entwicklungsverzögerungen tragen sich regelmäßig während des Elterngeldbezugs fort. Besonders frühgeborene Kinder entsprechen bei Auslaufen des Elterngeldes nach 14 Lebensmonaten häufig nicht dem Entwicklungsstand eines 14 Monate alten Kindes.
Die Neuregelungen sollen in Form von deutlich flexibleren Angeboten zur Nutzung des Elterngeldes den Wünschen und Bedarfen der Eltern entgegenkommen sowie zeitliche Bedarfe decken, die sich etwa für Eltern besonders früh geborener Kinder ergeben. Paare sowie Alleinerziehende sollen den Anforderungen des Alltags mit kleinen Kindern und einer Berufstätigkeit besser begegnen können. Darüber hinaus sollen Eltern von pandemiebedingten Nachteilen beim Elterngeld- und Partnerschaftsbonusbezug geschützt werden.
III. Wesentliche Inhalte
Das Gesetz sieht Folgendes vor:
1. Anhebung zulässiger Teilzeitumfänge: Die bisher geltende Höchstarbeitszeitgrenze wird für die Dauer des Elterngeldbezugs und während der Elternzeit von 30 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden erhöht. Somit können Eltern, die in höheren Stundenumfängen arbeiten möchten, auch auf die Unterstützung durch das Elterngeld zurückgreifen.
2. Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus: Die bisher geltende feste Bezugsdauer von vier Monaten weicht einer flexibleren Bezugsdauer zwischen zwei und vier Monaten. Der Bonus kann, anders als bisher, mit Wirkung für die Zukunft beendet werden. Die Elternzeit kann gegenüber dem Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund beendet werden. Zudem werden ausgezahlte Monatsbeträge für Monate, in denen die Leistungsvoraussetzungen vorlagen, nicht mehr zurückgefordert. Um Eltern zu ermöglichen, auch während des Bezugs des Partnerschaftsbonus auf mögliche betriebliche oder persönliche Belange zu reagieren, wird der Stundenkorridor auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert, mit der Folge, dass Eltern im Schnitt eine Wochenstunde weniger oder auch bis zu zwei Wochenstunden mehr arbeiten können. Die Neuregelung stellt für den Fall einer schweren Erkrankung eines Elternteils zudem ausdrücklich klar, dass in diesen Fällen auch ein alleiniger Bezug eines Elternteils nach den bekannten Regeln möglich ist.
3. Mehr Elterngeld für besonders frühgeborene Kinder: Eltern, deren Kind sechs Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wurde, erhalten einen weiteren Basiselterngeldmonat bzw. zwei weitere Elterngeld Plus-Monate. Damit erhalten sie mehr Zeit, um mögliche Entwicklungsverzögerungen ihres Kindes aufzufangen. Wie weit besonders frühgeborene Kinder in der Entwicklung zurückliegen und wie weit sich die Entwicklungsverzögerung in den Elterngeldbezug fortträgt, ist von den Verhältnissen des Einzelfalles abhängig.
4. Verwaltungsrechtliche Anpassungen: Zahlreiche verwaltungsrechtliche Anpassungen sollen den Beantragungsprozess entlasten und zu Verbesserungen bei der Elterngeldbemessung für bestimmte Gruppen von Elterngeldberechtigten führen. Ein Antragsrecht für Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften ermöglicht diesen eine bessere Berücksichtigung ihrer Einnahmen. Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, müssen nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sie nicht mehr als die im Antrag angegebenen Stunden arbeiten.
5. Corona-Sonderregelungen: Das Gesetz enthält auch Regelungen, die sicherstellen sollen, dass Eltern durch die Pandemie keine Nachteile beim Elterngeld- und Partnerschaftsbonusbezug entstehen, etwa, weil sie Einkommensersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Krankengeld erhalten. Anzumerken ist, dass der Bundesrat weiterhin in einer zusätzlichen Entschließung die Bundesregierung auffordert, die nur für 2020 geschaffene Möglichkeit der Verschiebung der Elternzeit systemrelevanter Eltern bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern.
Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.02.2021,
Quelle: Stamatia Kynigopoulou, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln