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Aktuell im ArbRB

Cannabisrausch und Kiffen im Betrieb (Grimm/Krülls, ArbRB 2024, 139)

Zum 1.4.2024 hat der Gesetzgeber Cannabis in Deutschland nach 95-jähriger Prohibition für den Freizeitkonsum weitgehend freigegeben. Es ist davon auszugehen, dass Konsumenten ihre Gewohnheiten nicht mehr im selben Maße geheim halten werden wie bisher. Wirken diese Gewohnheiten – durch Drogenbesitz, -konsum oder -rausch – in die betriebliche Sphäre hinein, sollten Arbeitgeber reagieren. Welche Regeln schon jetzt gelten und wie Arbeitgeber gestaltend tätig werden können, soll dieser Beitrag beleuchten.


I. Rechtslage ohne besondere betriebliche Regelungen zu Cannabis

1. Arbeitsleistung darf nicht beeinträchtigt sein

a) Freizeitverhalten

b) Arbeitsverhalten

c) Freizeitverhalten mit Auswirkungen auf die Arbeit

2. Konsum darf nicht zu Gefährdungen führen

II. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers

1. Betriebliche Drogenverbote

a) Einführung und Mitbestimmung

b) Grenzen der Regelungsmöglichkeit

aa) Grundsätze

bb) Cannabisverbote

2. Drogenkontrollen im Betrieb und Prävention

a) Kontrollen bei Verdacht

b) Verdachtsunabhängige Kontrollen

c) Sonderfall: Drogentest bei Einstellung

III. Arbeitsrechtliche Reaktionen auf den Konsum

1. Ausgangsfrage: Steuerbares Verhalten?

2. Vorgehen

IV. Fazit


I. Rechtslage ohne besondere betriebliche Regelungen zu Cannabis

In vielen Unternehmen gibt es gegenwärtig noch keine betrieblichen Richtlinien zum Umgang mit Alkohol und/oder Drogen. Vielfach ist es allgemein akzeptiert, wenn das Dienstjubiläum mit einem Glas Sekt begangen oder in der Pause ein kleines Bier getrunken wird. Andere Unternehmen – insbesondere solche, in denen sicherheitsrelevante Arbeitsplätze existieren – gehen oft von einem impliziten Verbot aus, ohne dieses formal niedergelegt zu haben.

1. Arbeitsleistung darf nicht beeinträchtigt sein

a) Freizeitverhalten


Eine allgemeine Disziplinargewalt über das Freizeitverhalten des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber nicht. Arbeitnehmer müssen insbesondere keine Rechenschaft darüber ablegen, ob sie in ihrer Freizeit Rauschmittel konsumieren, solange der Konsum als reines Freizeitverhalten zu werten ist. Auf den Status einer Droge als legales oder illegales Rauschmittel kommt es bei dieser arbeitsrechtlichen Betrachtung nicht an. Die arbeitsrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis werden vor allem darin liegen, dass das Konsumverhalten nun weniger im Verborgenen stattfinden wird.

b) Arbeitsverhalten

Ein Arbeitsvertragsverstoß liegt allerdings in der Regel vor, wenn der Arbeitnehmer sich während der Arbeitszeit in einen Zustand versetzt, in welchem er seine Arbeitsleistung nicht mehr mit derselben Qualität erbringen kann wie im nüchternen Zustand.

Für sicherheitsrelevante Tätigkeiten ist anerkannt, dass bereits der Genuss geringer Mengen von Drogen einen Pflichtverstoß begründet, wenn die für die Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten (z.B. Fahrtüchtigkeit; Bedienung von Produktionsmaschinen) gefährdet werden.

Bei anderen Arbeitnehmern – etwa Sachbearbeitern im Büro – kann es durchaus schwierig sein festzustellen, ob und inwieweit die Arbeitsleistung durch den Einfluss von Cannabis oder anderen Drogen beeinträchtigt wird. Eine Hilfe bei der Einordnung bieten hier die Rechtsprechungsgrundsätze zu alkoholbedingten Beeinträchtigungen der Arbeitsleistung. Die Grenze zur Pflichtverletzung ist spätestens dann erreicht, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Ausfallerscheinungen zeigt, die eine Beeinträchtigung der Hauptpflicht besorgen lassen.

Beraterhinweis Ungeklärt ist der rechtliche Umgang mit der Argumentation eines Arbeitnehmers, der Konsum ermögliche es ihm erst, seine Arbeit besonders gut zu erledigen. Man denke etwa an einen (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.05.2024 14:14
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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