Otto Schmidt Verlag

LAG Nürnberg v. 2.5.2024, 2 Ta 26/24

Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses allein rechtfertigt keinen Vergleichsmehrwert

Die im Vergleich übernommene Verpflichtung, ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit dem Gesamtprädikat "gut" und den üblichen Schlussformulierungen zu erteilen, rechtfertigt keine Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, der Kläger hätte befürchten müssen, ein nur durchschnittliches Arbeitszeugnis ohne die üblichen Schlussformulierungen zu erhalten.

Der Sachverhalt:
ie Parteien hatten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Kündigung vom 11.12.2023 und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.03.2024 hinaus gestritten. Das monatliche Einkommen der Klägerin betrug zuletzt 1.714 €. Das Verfahren endete durch gerichtlich festgestellten Vergleich. Darin einigten sich die Parteien u.a. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.3.2024, auf die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit guter Leistungs- und Führungsbeurteilung und einer Schlussformel (Dank, Bedauern, gute Wünsche) zum Beendigungszeitpunkt sowie auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, sollte die Klägerin ein solches wünschen.

Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf 5.142 € für den Kündigungsschutzantrag fest. Der Klägervertreter war der Ansicht, für die Einigung über die Erteilung des Zeugnisses im Vergleich sei ein Mehrwert i.H.v. 1.714 €, d.h. ein Wert in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, festzusetzen. Das Arbeitszeugnis wirke sich streitwerterhöhend aus, sodass dies im Vergleichswert mit einem Bruttomonatsgehalt anzusetzen sei. Der Streitwert für den Vergleich belaufe sich daher auf 6.856 €, berechnet aus dem vierfachen Bruttomonatsgehalt von 1.714 €.

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde nicht ab. Das LAG bestätigte die Entscheidung.

Die Gründe:
Ein Vergleichsmehrwert war nicht festzusetzen. Dies galt insbesondere auch im Hinblick auf die Zeugnisregelung.

Ein Vergleichsmehrwert ist nur festzusetzen ist, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder außergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Dabei muss gerade über die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben; keine Werterhöhung tritt ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt. Abzustellen ist auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.

Tatsachen, die vorliegend die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts rechtfertigten, waren nicht ersichtlich. Es war insbesondere nicht ersichtlich, dass die Erteilung der Zeugnisse zwischen den Parteien streitig oder ungewiss gewesen wäre. Hinsichtlich der Leistung und des Verhaltens der Klägerin waren keinerlei negative Tatsachen in das Verfahren eingeführt worden. Insoweit lagen keine ausreichenden Umstände für das Bestehen einer diesbezüglichen konkreten Ungewissheit im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vor.

Es war daher davon auszugehen, dass es sich bei der Zustimmung zur Erteilung der Zeugnisse lediglich um eine übliche Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelte. Der Umstand, dass durch jede Aufnahme bestimmter Rechte und Pflichten in den Vergleich für die Parteien eine diesbezügliche Gewissheit geschaffen wird, rechtfertigt nicht den Schluss, dies genüge für die Beseitigung einer Ungewissheit i.S.d. Ziffer I Nr. 25.1, 25.1.3 des Streitwertkatalogs. Dann müsste nämlich jede in den Vergleichstext einfließende Regelung zusätzlich bewertet werden.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.06.2024 13:43
Quelle: Bayern.Recht

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