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Zum Konzernbezug des Kündigungsschutzes - Wann ermöglicht eine Aufgabenverlagerung im Konzern betriebsbedingte Kündigungen? (Fröhlich, ArbRB 2024, 180)

Bei einer betriebsbedingten Kündigung geht es stets um ein dringendes betriebliches Erfordernis, das der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegensteht. Das KSchG ist dem Wortlaut nach betriebsbezogen und allenfalls unternehmensbezogen, nicht jedoch konzernbezogen. Dies bietet innerhalb eines Konzerns kündigungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, deren Reichweite und Grenzen der Beitrag untersucht.

I. Begriffe
1. Unternehmen
2. Betrieb
3. Konzern
II. Wegfall des Beschäftigungsbedarfs
1. Anlass der Kündigung: Betriebliches Erfordernis
2. Aufgabenverlagerung im Konzern
3. Bestandsschutz
a) Betriebsübergang
b) Gemeinschaftsbetrieb
III. Konzernweite Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
1. Grundsatz
2. Ausnahme: Weiterbeschäftigungspflicht?
IV. Sozialauswahl
V. Grenzen der betriebsbedingten Kündbarkeit

1. Verlagerung von Aufgaben auf neu gegründete Organgesellschaft
2. Darlegung im Prozess
VI. Fazit


I. Begriffe

Für das Verständnis kündigungsrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bedarf es zunächst einer Bestimmung der Begriffe des Unternehmens, des Betriebs und des Konzerns, da die kündigungsschutzrechtliche Prüfung eine sorgfältige Differenzierung dieser Bezugsobjekte erfordert.

1. Unternehmen
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kennt keinen eigenen Unternehmensbegriff, sondern setzt diesen – wie das Betriebsverfassungsgesetz – voraus. Für die gesamte Rechtsordnung gibt es keinen allgemein verbindlichen Unternehmensbegriff. Er wird weitgehend durch die in den Gesetzen für das Unternehmen vorgesehenen Rechts- und Organisationsformen bestimmt, die durchweg zwingend sind.

Die Normen des KSchG können die gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen hinsichtlich der Selbstständigkeit der Unternehmen weder ändern noch beeinflussen. Ein Unternehmen ist eine Einheit, welche unabhängig von ihrer Rechtsform eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Diese organisatorische Einheit ist ein selbstständiger Träger von Rechten und Pflichten.

2. Betrieb
Die Rechtsprechung nimmt an, dass im KSchG der allgemeine Betriebsbegriff gilt, der im Wesentlichen demjenigen des Betriebsverfassungsrechts entspricht.

Danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern unter Einsatz von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt.

3. Konzern
Der Konzernbegriff (§ 18 AktG) setzt gerade die Existenz rechtlich selbstständiger Unternehmen voraus und erlaubt deren Zusammenfassung zu einem Unterordnungs- oder Gleichordnungskonzern.

Auch arbeitsrechtlich sind hier die Bestimmungen des AktG maßgeblich und es kommt nicht darauf an, in welcher Rechtsform die verschiedenen Unternehmen geführt werden. Konzernunternehmen sind als miteinander verbundene Unternehmen jeweils rechtlich selbstständige Unternehmen, also auch selbst Träger von Rechten und Pflichten, z.B. als Partei eines Arbeitsverhältnisses.

II. Wegfall des Beschäftigungsbedarfs

1. Anlass der Kündigung: Betriebliches Erfordernis

Das dringende betriebliche Erfordernis i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG, das der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb entgegensteht und auschlaggebend für eine Kündigung ist, ist durch einen endgültigen und dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs gekennzeichnet.

Beispiel
Dieses dringende betriebliche Erfordernis ist u.a. gegeben, wenn aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung ein Bedürfnis für die Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers im Betrieb entfallen ist, da ein Arbeitgeber grds. nicht gehalten ist, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze weiterhin zu besetzen und nicht mehr benötigte Arbeitskräfte weiterhin zu beschäftigen.

2. Aufgabenverlagerung im Konzern
Zur verfassungsrechtlich (Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten unternehmerischen Freiheit gehört auch das Recht, festzulegen, ob...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.07.2024 18:05
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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