Thüringer LAG v. 25.9.2024 - 1 Sa 199/23
Streit um Eingruppierung einer (medizinischen) Dokumentationsassistentin
Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs nach § 12 Abs. 2 TVöD-K ist das Arbeitsergebnis. Maßgebliches Arbeitsergebnis der Dokumentationsassistenz im Medizincontrolling ist die umfassende Dokumentation und Verschlüsselung medizinischer Informationen sowie die Verwaltung und Pflege des Datenbestandes als Basis für die Behandlung, Abrechnung und das Qualitätsmanagement. Insofern sind die die Voraussetzungen der Fallgruppe 1 als auch die der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 5 sind vorliegend erfüllt.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist seit 2007 in einem Klinikum der Beklagten als Dokumentationsassistentin im Bereich Medizincontrolling tätig. Die Klägerin hat eine Ausbildung zur Biologielaborantin und ist Mitglied der ver.di-Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft. Zwischen der Beklagten und ver.di war am 8.10.2020 ein Tarifvertrag für die Beschäftigten der Beklagten geschlossen worden. Danach bestimmen sich die Rechtsverhältnisse der Beschäftigten ab 2021 u.a. nach dem TVöD sowie dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Krankenhäuser - (TVöD-BT-K). § 4 des Tarifvertrages sieht eine Überleitung der Beschäftigten mit Wirkung zum 1.1.2021 in die Entgeltgruppe vor, in der sie nach der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zu § 12 TVöD eingruppiert sind.
Als Dokumentationsassistentin sorgt die Klägerin für die Dokumentation und Verschlüsselung medizinischer Informationen und für die Verwaltung und Pflege des Datenbestandes als Basis für die Behandlung, die Abrechnung und das Qualitätsmanagement der Beklagten. Sie ist dabei für die Bereiche Onkologie und Pädiatrie/NEO verantwortlich, vertretungsweise auch für andere Bereiche.
Mit Schreiben vom 28.11.2021 und 23.2.22 hat die Klägerin von der Beklagten ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 Stufe 5 gefordert. Die Beklagte hat sie am 1.3.2022 mit Wirkung ab 1.1.2021 in die Entgeltgruppe 3 Stufe 5 eingruppiert. Die Klägerin war der Ansicht, die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 zu erfüllen. Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben benötige sie jedenfalls auch medizinisches Fachwissen. Zudem müsse sie Kenntnisse über die Deutschen Kodierrichtlinien, über das geltende DRG-System und über die UPS-, die OPS- und ICD-Codes haben, um ihre Tätigkeit ausführen zu können.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Höhergruppierung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LAG die Entscheidung abgeändert und der Klage insoweit stattgegeben.
Die Gründe:
Die Klägerin kann Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 Stufe 5 TVöD-VKA verlangen. Sowohl die Voraussetzungen der Fallgruppe 1 als auch die der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 5 sind vorliegend erfüllt.
Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs nach § 12 Abs. 2 TVöD-K ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch die Arbeitgeberin vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 13.12.2023 - 4 AZR 317/22).
Maßgebliches Arbeitsergebnis der Dokumentationsassistenz im Medizincontrolling ist die umfassende Dokumentation und Verschlüsselung medizinischer Informationen sowie die Verwaltung und Pflege des Datenbestandes als Basis für die Behandlung, Abrechnung und das Qualitätsmanagement. Sämtliche Tätigkeiten der Klägerin im Zusammenhang mit der Aktenführung sowie der Aufnahme-, Aufenthalts-, Behandlungs- sowie Entlassungscodierung dienen diesem Zweck. Ohne Erfolg führt die Beklagte an, es lägen zwei Arbeitsvorgänge vor. Selbst wenn die Tätigkeiten der Botengänge und das Auffüllen leerer Paletten als „sachfremd“ aus dem zu bewertenden Arbeitsvorgang herauszurechnen wären, würde dies an dem vom Gericht zu überprüfenden großen Arbeitsvorgang der Dokumentationsassistenz inklusive Zusammenhangstätigkeiten nichts ändern.
Die Tätigkeit der Klägerin als Dokumentationsassistentin im Bereich Medizincontrolling erfordert auch gründliche Fachkenntnisse i.S.d. Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2. Hierzu gehören nähere Kenntnisse von Rechtsvorschriften oder näheres kaufmännisches oder technisches Fachwissen usw. Nach BAG-Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, hat das Tarifmerkmal sowohl ein quantitatives als auch ein qualitatives Element. Daher sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen (BAG 23.9.2009 - 4 AZR 308/08). Die Klägerin hebt sich als Dokumentationsassistentin deutlich aus der Entgeltgruppe 3 heraus. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin für ihre Tätigkeit die Vorgaben und Inhalte der Deutschen Kodierrichtlinien kennen muss. Aus dem zuvor Gesagten folgt zudem, dass für die Klägerin sogar die Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe 5 greift.
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