BAG v. 17.10.2024 - 8 AZR 215/23
Darlegung des Schadens für einen Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO
Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für einen Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat der EuGH klargestellt, dass die Person, die den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung nachweisen muss, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist.
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt ein Fitnessstudio. Der Kläger stand bei ihr in einem Ausbildungsverhältnis und verlangte nach Art. 15 DSGVO Auskunft über seine bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten. Das Verlangen bezog sich auch auf die Daten, die sich auf einem vom Kläger privat genutzten USB-Stick befanden, den die Beklagte wegen des Verdachts der unzulässigen Speicherung von Mitgliederdaten an sich genommen hatte. Die Beklagte teilte während des erstinstanzlichen Verfahrens mit, sie habe nur den Namen des Klägers, sein Geburtsdatum, seine postalische Anschrift, die Arbeitsplatzbeschreibung und die Arbeitszeiterfassung gespeichert.
Der Kläger war der Ansicht, der Auskunftsanspruch sei damit nicht erfüllt. Inhalt und Umfang der Datenverarbeitung seien unklar geblieben. Dies folge schon daraus, dass auf dem einbehaltenen USB-Stick private Fotos, Videos und Bewerbungsunterlagen gespeichert gewesen seien. Es sei zu befürchten, dass die Beklagte die Daten missbräuchlich verwenden und an Dritte weitergebe. Die Berichterstattung über die Beklagte in den örtlichen Medien sei äußerst negativ. Er habe Angst, dass es unter Umständen zu körperlicher Gewalt gegen ihn kommen könnte. Insgesamt sei er immer noch nervlich stark belastet und könne keinen ruhigen Schlaf finden.
Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung von Schadenersatz i.H.v. 5.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Das LAG hat die Beklagte im Berufungsverfahren zu 2.500 € Schadensersatz verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten vor dem BAG war erfolgreich.
Die Gründe:
Der Kläger hat – entgegen der Auffassung des LAG – keinen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO gegen die Beklagten. Unerheblich war, ob hier eine Verletzung von Art. 15 DSGVO vorlag und ob dies einen Verstoß i.S.v. Art. 82 Abs. 1 DSGVO darstellte. Der Kläger hatte schon keinen Schaden dargelegt.
Das Vorliegen eines „Schadens“ ist eine der drei Voraussetzungen für den in Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Schadenersatzanspruch, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem erlittenen Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. EuGH 25.1.2024 – C-687/21 – MediaMarktSaturn). Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast hat der EuGH klargestellt, dass die Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz eines immateriellen Schadens verlangt, nicht nur den Verstoß gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung nachweisen muss, sondern auch, dass ihr durch diesen Verstoß ein solcher Schaden entstanden ist.
Das LAG hat allein die „erhebliche Unsicherheit“, die aus dem Auslesen des USB-Sticks und der Sicherung der Daten resultiere, für die Bejahung eines Schadenersatzanspruchs dem Grunde nach ausreichen lassen. Die Unsicherheit beziehe sich auf die Frage, welche Daten sich jetzt noch im Zugriff der beiden Beklagten befinden, wobei die Wegnahme des USB-Sticks eine solche „Beeinträchtigung“ indiziere. Diese Begründung stand jedoch im Widerspruch zur neueren Rechtsprechung, wonach ein negatives Gefühl wie eine „Unsicherheit“ für sich genommen nicht ausreicht, um einen immateriellen Schadenersatzanspruch zu begründen. Aus den Besonderheiten des vorliegenden Falles ergab sich nichts Abweichendes. Entgegen der Auffassung des LAG kam der Wegnahme des USB-Sticks bezogen auf einen Schaden wegen Verletzung der Auskunftspflicht keine Indizwirkung zu.
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