ArbG Düsseldorf v. 10.5.2024 - 1 Ca 5913/23
Lagerung von historischen Schriften in Aufzugsraum: Kündigung
Das Heinrich-Heine-Institut hat einem als Archivar Beschäftigten gekündigt, nachdem dieser eine Vielzahl von Originaldokumenten, u.a. von Heinrich Heine, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann unsachgemäß gelagert hatte. Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage des Archivars noch statt, vor dem LAG einigten sich die Parteien dann aber auf einen Vergleich, in dem die fristlose in eine ordentliche und vom Kläger akzeptierte Kündigung umgewandelt wurde.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der beklagten Stadt seit dem 1.10.2008 als Archivar im Heinrich-Heine-Institut beschäftigt. Er verfügt nicht über eine Ausbildung zum Archivar, sondern ist Geisteswissenschaftler. Das Archiv bietet, neben seinen Sammlungen zu Heinrich Heine und Robert Schumann, umfangreiche Nachlass- und Sammlungsbestände zur Düsseldorfer und rheinischen Literatur- und Kulturgeschichte, die in der Handschriftenabteilung I (Heine-Schumann-Archiv, 17. bis 19. Jahrhundert) und der Handschriftenabteilung II (Rheinisches Literaturarchiv, 20. und 21. Jahrhundert) verwahrt werden. Dem Kläger ist die Handschriftenabteilung I anvertraut.
Am 6.11.2023, während einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Klägers, suchten der Archivar der Handschriftenabteilung II und die Institutsleitung nach zwei Exponaten (Handschrift mit Druck des "Rheinweinliedes" und einer Elfenbeinminiatur mit einem Bildnis von Robert Schumann). Dabei fanden sie in einem Aufzugsvorraum zwei nicht abgeschlossene Stahlschränke. In den Stahlschränken wurde eine Vielzahl von Originaldokumenten, u.a. von Heinrich Heine, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann gefunden. Es gab keine spezielle Klimatisierung und keine separate Alarmsicherung des Raumes. Hieraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 1.12.2023 fristlos. Sie wirft ihm die unsachgemäße Lagerung von insgesamt 1.867 Originaldokumenten vor, die einen erheblichen Schaden angerichtet habe. So seien u.a. durch eine Vermischung von schimmelbefallenen Objekten mit bereits restaurierten Objekten letztere kreuzkontaminiert worden.
Gegen die Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage. Die Stahlschränke im Erdgeschoss seien, so der Kläger, seit jeher als "Zwischenarchiv" genutzt worden. Weiterhin wären die behaupteten Beschädigungen der Dokumente nicht belegt und keinesfalls auf die Lagerung in den Stahlschränken zurückzuführen.
Das ArbG gab der Kündigungsschutzklage statt. Vor dem LAG einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, in dem die fristlose in eine ordentliche und vom Kläger akzeptierte Kündigung umgewandelt wurde.
Die Gründe:
Das ArbG war noch davon ausgegangen, dass zumindest die kurzzeitige Lagerung des Archivguts in den Stahlschränken nicht ausdrücklich verboten und zudem nicht unbekannt war. Die ggfs. zu lange Lagerung dort sei zwar eine Schlechtleistung, rechtfertige aber keine fristlose Kündigung. Im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit hätte eine Abmahnung ausgereicht, zumal der Kläger kein ausgebildeter Archivar war. Eine ordentliche Kündigung ist aufgrund der langen Beschäftigungsdauer des Klägers tariflich ausgeschlossen.
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