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Kein „E-Filing“ im Einigungsstellenverfahren

avatar  Martin Reufels

Jeder, der einmal ein Zivilverfahren in Österreich verfolgt hat, weiß, dass dort ein sehr gut funktionierendes „E-Filing“-System implementiert ist. Unser Nachbarland hat bereits in den neunziger Jahren das ERV-System (elektronischer Rechtsverkehr) eingeführt, das die konventionelle Übermittlung von Dokumenten per Post ersetzt. Es erfolgt eine elektronische Übermittlung aller Arten von Dokumenten zwischen Gericht und Bevollmächtigten. Mehr als 93 % aller Klagen (insgesamt 6 Mio. Eingaben) werden mittlerweile elektronisch eingereicht.

Vor diesem Hintergrund erscheint das schwerfällige, auf der Briefpost beruhende Zustellungsverfahren in Deutschland wie aus einem anderen Zeitalter. Dies wird gerade wieder angesichts eines neuen Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht (BAG 13.03.2012 – 1 ABR 78/10). In diesem Beschluss, der im Ãœbrigen lesenswerte Ausführungen zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Eingliederungsmanagement enthält, stellt das Bundesarbeitsgericht fest: „Die Zuleitung eines Einigungsstellenspruchs in Form einer pdf-Datei genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG“. Nach dieser Vorschrift sind die Beschlüsse der Einigungsstelle „schriftlich“ niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und dem Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten. Dass die Zuleitung von Einigungsstellensprüchen als pdf-Datei danach nicht möglich ist, zeigt, dass der Gesetzgeber dringend eine „Ausmistung“ prozessualer und materieller Schriftformerfordernisse erwägen sollte, um eine verlässliche und schnelle Ãœbermittlungsform von Dokumenten per E-Mail zuzulassen. Ansonsten wird sich auf Dauer für die Justiz insgesamt ein Akzeptanzproblem stellen. Welches Unternehmen hält beispielsweise heute noch Umschläge zur „Hauspost“ vor? Jedenfalls sind diese in den meisten Fällen vergilbt.

 

Ein Kommentar

  1. Veröffentlicht 11.6.2012 um 15:58 | Permalink

    Naja …. Bei uns in Hamburg gibt es bisher nur beim Finanzgericht elektronischen Rechtsverkehr. Dort wird dieser Vorteil aber durch absurd lange Verfahrenszeiten um ein mehrfaches ausgeglichen. Im Norden funktioniert nach meiner der elektronische Rechtverkehr nur in Schleswig Holstein an den Arbeitsgerichten wirklich vernünftig.
    Im Jahr 2005 schenkte uns der Bundesgesetzgeber übrigens den § 128a ZPO. Dieser ist an sich großartig und erlaubt Video-Konferenz-Gerichtsverhandlungen. Ich habe iene solche leider noch nicht erlebt und auch noch von keiner gehört.
    Dabei wäre dies ein wirklich guter Weg, (Fach)Anwaltliche Beratung auch für kleine Streitwerte und solche Menschen zu ermöglichen, für die dies mangels Wirtschaftlichkeit auf der Anwaltsseite nicht möglich ist.

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