Kein Monat vergeht, in dem nicht das Bundesarbeitsgericht oder der EuGH (dann meist auf Vorabentscheidungsersuchen deutscher Gerichte) eine neue Entscheidung in Folge der „Schultz-Hoff“-Rechtsprechung verkündet. Ersichtlich sind das Bundesarbeitsgericht und der EuGH jüngst bemüht, die durch das Schultz-Hoff-Urteil eröffneten Möglichkeiten für Arbeitnehmer, Urlaubsabgeltungsansprüche nach lang andauernder Krankheit und beendetem Arbeitsverhältnis geltend zu machen, einzuschränken. In dem neuen Urteil des EuGH vom 03. Mai 2012 (C-337/10 – „Neidel„) hatte der EuGH nunmehr Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, ob die Grundsätze der Schultz-Hoff-Rechtsprechung auch für Beamte gelten. Herr Neidel war beamteter Hauptbrandmeister in Frankfurt am Main. Nach zweijähriger Dienstunfähigkeit trat er 2009 in den Ruhestand und machte anschließend einen Urlaubsabgeltungsanspruch für die Jahre 2007 bis 2009 in Höhe von insgesamt über € 16.000,00 geltend.
Der EuGH befasst sich zunächst mit der Frage, ob Beamte in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 („Urlaubsrichtlinie“) fallen. Dabei wiederholt er seine Rechtsprechung, dass der Begriff „Arbeitnehmer“ autonom, d.h. nach EU-Recht auszulegen ist. Dies ist eine über 25-jährige Rechtsprechung des EuGH seit dem Urteil „Lawrie-Blum“ (EuGH 03.07.1986, C-66/85). Auch Beamte unterfallen daher dem Anwendungsbereich der Urlaubsrichtlinie. Schließlich wendet der EuGH die Grundsätze der Schultz-Hoff-Rechtsprechung auf Beamte an, wobei der EuGH betont, dass bei Urlaubsansprüchen, die über den Mindesturlaubsanspruch hinausgehen, keine Abgeltungspflicht festgelegt werden muss. Im Anschluss an die KHS-Entscheidung des EuGH (EuGH 22.11.2011 – C-214/10) nimmt der EuGH dann zur hessischen Urlaubsverordnung Stellung, die vorsieht, dass Urlaub, der nicht innerhalb von neun Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres angetreten worden ist, verfällt. Diese Verfallsklausel ist mit Art. 7 Abs. 2 der Urlaubsrichtlinie nicht vereinbar. In Anlehnung an die Grundsätze der KHS-Entscheidung betont der EuGH, dass der Ãœbertragungszeitraum bei Ausschlussfristen jedenfalls länger sein muss als der Bezugszeitraum. Eine Frist von neun Monaten ist jedoch kürzer als der Bezugszeitraum (1 Jahr) und daher nicht anzuwenden.
Die Entscheidung dürfte Anlass sein, dass auch im öffentlichen Dienst die Übertragungsfristen verlängert werden (z.B. auf 15 Monate), um den europarechtlichen Vorgaben zu entsprechen.
Die Entscheidung zeigt zudem: Den Deutschen bleibt der Urlaub lieb und „teuer“.