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ArbRB-Blog

Weizenbier für den Betriebsrat

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Nicht erst seit den Affären bei Volkswagen und Siemens beschäftigen sich die Arbeitsgerichte mit Vergünstigungen für Betriebsratsmitglieder. Vor kurzem hatte sich das ArbG Bielefeld (Urteil vom 11.05.2011 – 3 Ca 2633/10, Berufung anhängig beim LAG Hamm, Az. 10 Sa 990/11)  mit „Funktionszulagen“ für Betriebsratsmitglieder beschäftigt und einen Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz mit klaren Worten bejaht. Schlechterdings sei nicht vorstellbar, „dass die fortlaufenden monatlichen Zahlungen, die der Kläger von der Beklagten ohne Rechtsgrund erhalten hat, sein Auftreten gegenüber der Beklagten im Rahmen der Wahrnehmung von Betriebsratsrechten und –tätigkeiten nicht beeinflusst haben“. Das ArbG Bielefeld hat sich ferner klar zur Rechtsschutzgewährung durch die IG Metall geäußert und sein Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht, „dass die IG Metall dem Kläger trotz eines Verstoßes gegen § 78 Satz 2 i.V.m. § 37 Abs. 1 BetrVG, wie er krasser kaum vorstellbar sei, Rechtsschutz gewährt“. 

Einer Mandantin von mir ist in der vorvergangenen Woche ein um 13.40 Uhr erstellter Bewirtungsbeleg einer Gaststätte über 60 €, der drei Weizenbier, zwei Dunkelbier und  eine (Weiß-)Weinschorle – Aperol-Spritz war nicht dabei –  sowie sechs Mittag-Essen zum Gegenstand hatte, vom Betriebsratsvorsitzenden zur Erstattung vorgelegt worden. Bewirtete Personen waren sechs der sieben Betriebsratsmitglieder der Mandantin. Als Anlass der Bewirtung wurde angegeben „Arbeitsessen/BR-Sitzung, Betriebsrat (40 (1) BetrVG!“. Bei dieser klaren gesetzlichen Grundlegung hatte es der Betriebsratsvorsitzende auch folgerichtig unterlassen, den Beleg von der Geschäftsführung abzeichnen zu lassen, sondern direkt in der Buchhaltung eingereicht. 

Bislang kannte man als Begünstigungstatbestände die Beförderung, die Gehaltserhöhung, die Höhergruppierung, den Dienstwagen und sonstige Nebenleistungen (Handy, Kommunikationsmittel usw.). Daneben gab es pauschale Aufwandsentschädigungen und Reisekostenerstattung. Hier ist ein ganz neues Element der Betriebsratsaufwendungen in die Diskussion gebracht, das schon als kreativ oder zumindest für die Zukunft bedenkenswert zu betrachten ist. Ein Anspruch des Betriebsrats besteht sicher nicht, da nach § 40 BetrVG der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt. Nach der Rechtsprechung des BAG dann (und auch nur dann), sofern der Kostenaufwand erforderlich und verhältnismäßig ist. Man darf in den zu erwartenden Rechtsauseinandersetzungen gespannt sein, welche Argumentation dem Betriebsrat zur Darlegung der Erforderlichkeit für Speis (und Trank) einfällt. Eine andere Frage ist, welche Konsequenzen arbeitsrechtlicher Natur hier aus diesem Versuch folgen. Liegt eine Verletzung gesetzlicher Pflichten (§ 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) vor oder gar der Versuch eines Spesenbetruges (Antrag auf außerordentliche Kündigung nach § 103 BetrVG)?

 

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

Ein Kommentar

  1. Veröffentlicht 29.6.2012 um 09:50 | Permalink

    Vielen Dank für die Verbreitung dieser – möglicherweise – neuen Begünstigungsform. Das Problem in diesem Bereich ist ja stets, dass Begünstigungssachverhalte nur selten an die Gerichte herangetragen werden, weil – um es mit den Worten von Rieble zu sagen – die am „Filz“ Beteiligten i.d.R. kein Interesse an einer Aufklärung haben.

    Die Problem dürfte auch in Ihrem Fall zweistufig zu lösen sein: (1) MUSS der Arbeitgeber die Rechnung wegen § 40 BetrVG übernehmen? (2) Falls nicht, DARF er es mit Blick auf § 78 S. 2 BetrVG dennoch tun?

    Sollte Ihr Fall in ein gerichtliches Verfahren münden, wäre ich für ein kurzes Update sehr dankbar!

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