Je mehr eine „Regelung“ das Funktionieren eines Betriebes in seiner Gesamtheit betrifft, umso weniger können die Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten individualrechtlich binden wollte.
Mit dieser Begründung hat das BAG auch in letzter Instanz eine auf Schadensersatz gerichtete Klage eines Vertriebsmitarbeiters einer Versicherung abgewiesen. Diese hatte die Vertriebsorganisation grundlegend geändert, was dazu geführt hat, dass die zu großen Teilen variable Vergütung des Klägers erheblich zurückgegangen war. Ãœber eine ähnliche Fallgestaltung in einem Zeitschriftenverlag hatte der 10. Senat im Jahre 2002 zu entscheiden (BAG 7.8.2002 – 10 AZR 282/01, AP § 315 BGB Nr. 81). Dem damaligen Kläger waren durch Veränderungen in der Vertriebsorganisation ca. 20 % seiner Vergütung „entzogen“ worden. Im jetzt entschiedenen Fall war die Gesamtvergütung des Klägers von gut 150.000 € auf unter 100.000 € zurückgegangen. Das Versicherungsunternehmen hatte mit dem Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart. Der Kläger hatte keinen Gebiets- oder Kundenschutz individualvertraglich vereinbart.
Der 8. Senat hat eine Konkretisierung auf die bisherige Vertriebsorganisation bzw. eine dahingehende Bindung durch betriebliche Ãœbung richtigerweise abgelehnt. Er hat auf die Organisationsfreiheit des Arbeitgebers, die Ausfluss seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit ist, hingewiesen und die Grenze bei willkürlichen Entscheidungen gezogen. Auch eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB konnte nicht festgestellt werden, weil der Arbeitgeber bei der Organisation des Betriebes auch eigene Interessen verfolgen darf. Schließlich vermochte das BAG auch eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) nicht zu erkennen (BAG 16.2.2012 – 8 AZR 769/10).
RA FAArbR Axel Groeger, Redeker Sellner Dahs, Bonn
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