Es ist eine Binsenwahrheit des Arbeitsrechts: Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen.
Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies zunächst gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf. Warum? Kurzarbeit setzt typischerweise voraus, dass der Arbeitsausfall vorübergehend ist (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 SGB III). Allerdings schließt dies natürlich nicht aus, dass sich während der Kurzarbeit zeigt, dass die Kurzarbeit zur Bewältigung der Unternehmenskrise nicht ausreichend ist, sondern dass es über den zunächst avisierten vorübergehenden Arbeitsentfall hinaus einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern gibt. In so einer Situation ist es freilich heikel, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, weil der Arbeitgeber nicht sicher sein kann, dass ihm der Nachweis des dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs gelingt.
Ein „Drehbuch“, wie die Voraussetzungen und der Sachvortrag des Arbeitgebers hierzu beschaffen sein müssen, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 AZR 548/10 vorgezeichnet. In einem messingverarbeitenden Betrieb hatten die Betriebsparteien durch Betriebsvereinbarung eine fünfmonatige Kurzarbeit mit einer Reduzierung der Arbeitszeit auf 14 Stunden pro Woche vereinbart. Einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sah die Betriebsvereinbarung nicht vor. Innerhalb der Kurzarbeitsphase beschloss das Unternehmen dann, Arbeitsplätze zu streichen. Das Bundesarbeitsgericht verdeutlicht, dass Kurzarbeit dafür spreche, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen seien. Dieser könne aber eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Zwar könne der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag dieses Indiz entkräften. Dies müsse dann allerdings deutlich dargelegt werden. Außerdem müsse der Arbeitgeber, wenn er denn schon Möglichkeiten einer Kurzarbeit geschaffen habe, diese Kurzarbeit auch ausschöpfen, um hierdurch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit zu erreichen und betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringen Arbeitsanfalls zu vermeiden.
Der Arbeitgeber muss also die Möglichkeit zur Arbeitsreduzierung, die er selbst durch Betriebsvereinbarung geschaffen hat, voll ausschöpfen. Erst wenn dann noch ein Beschäftigungsüberhang besteht, können betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. Das Bundesarbeitsgericht macht auch deutlich, dass an den Sachvortrag des Arbeitgebers hohe Anforderungen gestellt werden: Die Beklagte habe Tatsachen, aus denen zu schließen sei, dass der mögliche Rückgang der Arbeitsmenge im Kündigungszeitpunkt als dauerhaft anzusehen war, nicht dargelegt. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei diesem Rückgang nur um einen kurzzeitigen, nicht nachhaltigen Trend gehandelt habe.
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Kurzarbeit der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wohl überlegt und gut vorbereitet werden muss.
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