Nach ständiger – allerdings schon älterer – Rechtsprechung des BAG sind Rote-Kreuz-Schwestern nicht als Arbeitnehmerinnen anzusehen (BAG v. 6.7.1995 – 5 AZB 9/93). Dem sind die Instanzgerichte und das Schrifttum überwiegend gefolgt. Jedoch stehen Teile des Schrifttums dieser Ansicht kritisch gegenüber (Däubler/Kittner/Klebe/Wedde/ Trümner, BetrVG, 12. Auflage 2010, § 5 Rn. 145, 146; Fitting u.a., Betriebsverfassungsgesetz, 26. Auflage 2012, § 5 Rn. 333, 334). Sie halten die Differenzierung zwischen arbeitsvertraglich gebundenen sog. Gastschwestern einerseits und Mitgliedsschwestern andererseits für willkürlich. Die mitgliedschaftlich verbundenen Rote-Kreuz-Schwestern würden ohne sachlichen Grund dem Geltungsbereich des Arbeitsrechts entzogen. Da sich in der Gestaltung der Arbeitsleistung keine wesentlichen Unterschiede feststellen ließen, würde es allein vom Parteiwillen abhängen, ob die betroffenen Personen in den Schutzbereich des BetrVG und anderer arbeitsrechtlicher Gesetze. z.B. des KSchG fielen oder nicht. Da es für die Konstruktion eines Arbeitsverhältnisses auf die tatsächliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses ankomme und Arbeits- und Mitgliedschaftsverhältnis sich nicht ausschlössen, sondern auch nebeneinander bestehen könnten, sei die Rechtsprechung abzulehnen.
Die 6. Kammer des LAG Düsseldorf hat sich der Rechtsprechung des BAG und einer Entscheidung der 17. Kammer des LAG Düsseldorf (Beschl. v. 27.3.2012 – 17 TaBV 86/11) mit beachtlichen Argumenten angeschlossen (Beschl. v. 6.7.2012 – 6 TaBV 30/12). Es begründet dabei im Einzelnen anhand der Rechte, die den Mitgliedsschwestern nach der Satzung der Schwesternschaft zustehen, dass eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften nicht gegeben sei. Ferner befasst es sich mit dem Argument, dass die Mitgliedsschwestern nicht streiken dürften: Das Streikrecht diene der Durchsetzung von Forderungen gegenüber Arbeitgebern. Anders als Arbeitnehmer hätten die Mitgliedsschwestern die Möglichkeit, ihre Vorstellungen über die Mitgliederversammlung durchzusetzen. Zwar komme dem einzelnen Mitglied mit seiner Stimme in der Mitgliederversammlung kein nennenswertes Gewicht zu, insoweit bestehe aber kein Unterschied zu einer gewerkschaftlichen Betätigung, bei welcher der Einzelne ebenfalls keinen großen Einfluss habe, sondern Mehrheiten für seine Anliegen finden müsse.
Der Betriebsrat hat bereits Rechtsbeschwerde eingelegt, das Verfahren ist beim BAG unter dem Aktenzeichen 7 ABR 62/12 anhängig.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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