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Betriebsratsausschluss wegen unbefugtem Zugriff auf Personalinformationssystem

avatar  Detlef Grimm

Datenschutzverstöße von Arbeitgebern sind häufig Gegenstand der Berichterstattung. Das LAG Berlin-Brandenburg hat sich in einem Beschluss vom 12.11.2012 (Az. 17 TaBV 1318/12) mit einem Datenschutzverstoß eines Betriebsratsvorsitzenden beschäftigt. Der Arbeitgeber hatte zum einen den Ausschluss aus dem Betriebsrat (§ 23 Abs. 1 BetrVG) und zum anderen nach § 103 BetrVG die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung beantragt. Der Betriebsratsvorsitzende hatte wiederholt unbefugt auf das im Betrieb verwendete Personalinformationssystem, in dem personenbezogene Arbeitnehmerdaten in einer elektronischen Personalakte verwaltet wurden, zugegriffen. Sein Ziel war, Informationen für die Betriebsratstätigkeit zu gewinnen.

Das LAG Berlin-Brandenburg stellt argumentativ in den Vordergrund, dass der Betriebsrat verpflichtet sei, über die Einhaltung des BDSG zu wachen und Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu schützen. Dem sei das Betriebsratsmitglied nicht nachgekommen, im Gegenteil. Der im unberechtigten Zugriff auf die Personaldaten liegende Verstoß verletzte nicht nur das BDSG, sondern auch das Arbeitnehmerpersönlichkeitsrecht der Beschäftigten. Das Handeln des Betriebsratsvorsitzenden stelle deshalb eine grobe Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 BDSG dar.

Den weiteren Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach § 103 BetrVG hat das LAG zurückgewiesen. Die Zugriffe seien aufgrund und zum Zwecke der Betriebsratstätigkeit erfolgt. Dass der Betriebsratsvorsitzende damit auch gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen habe, rechtfertige unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles nicht die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde an das BAG nicht zugelassen.

Der Beschluss verdeutlicht die Notwendigkeit, Betriebsräte in ihrer immer mehr von der Nutzung moderner Informationstechniken geprägten Tätigkeit auch durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten kontrollieren zu lassen. Das BAG (Beschluss vom 11.11.1997 – 1 ABR 21/97) hat Betriebsräte aus der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten zu Unrecht herausgenommen. Die aktuelle Diskussion um die Forderung vieler Betriebsräte nach einem Online-Zugriff auf die beim Arbeitgeber vorhandenen Beschäftigtendaten bzw. Personalinformationssysteme verstärkt m.E. die Notwendigkeit der Kontrolle des Betriebsratshandelns. Außerhalb eines aufgabenbezogenen Informationsrechts und dann, wenn der Datenzugriff auf eine vollständige oder partielle Einsichtnahme in die elektronische Personalakte hinausläuft, ist nach zutreffender Auffassung (Kort, NZA 2010, 1267, 1272; Grimm in: Tschöpe, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl., Teil 6 F, Rz. 189) der Einblick in die Personaldaten nur mit der Einwilligung der betroffenen Beschäftigten zulässig.

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

Ein Kommentar

  1. avatar KDK
    Veröffentlicht 13.2.2013 um 13:34 | Permalink

    Sehr geehrter Herr Grimm,

    da kann man durchaus anderer Meinung sein. Ohne das zitierte Urteil en Detail zu kennen, halte ich die generelle Forderung, Betriebsräte der Kontrolle durch den betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu unterwerfen, für nicht zielführend.

    Wiie schon das Gericht erkannte, haben die Betriebsräte hinsichtlich des BDSG selbst eine Kontrollfunktion. Wenn dabei -mit Verlaub- Mist gebaut wird, oder Betriebsräte selbst gegen das BDSG verstoßen, muss und soll dies geahndet werden.

    Die Betriebsräte jedoch der Kontrolle eines von Arbeitgebereinfluß nicht freien Datenschutzbeauftragten zu unterwerfen, würde das Gegenteil bezwecken – die Vertraulichkeit von Betriebsratinternas wäre in vielen Fällen dahin. In meinen Augen nicht diskutabel.

    Zwar fragte schon Lenin „wer kontrolliert die Kontrolleure?“, doch den vereinzelt (sicherlich) vorhandenen Teulfel generell mit dem Beelzebuben austreiben zu wollen – nein danke!

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