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ArbRB-Blog

Änderung der Rechtsprechung zur Leiharbeit: wählen und(!) zählen!

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Das BAG macht Leiharbeit Schritt für Schritt weniger attraktiv, nicht nur durch die weitere Ausdifferenzierung des „equal Pay“ – Grundsatzes  – vgl. dazu die Urteile des 5.Senats v.13.3.2013 – 5 AZR 954/11, 146/12 ,u.a. Pressemitteilung Nr. 17/13 – , sondern im Besonderen durch die Änderung der Rechtsprechung des 7. Senats zur Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei der Zahl der Beschäftigten eines Betriebs.

Mit Beschluss vom 13.3.2013 – 7 ABR 69/11, Pressemitteilung Nr. 18/13 – ändert der 7.Senat seine bisherigen Judikate zu § 9 BetrVG – so noch Beschl. v. 10.3. 2004 – 7 ABR 49/03, ArbRB online; ebenso: ErfK/Koch § 9 BetrVG Rz.2 a.E.; schon bisher a.A.: Fitting pp. § 9 Rz. 30 ff,   – und zählt Leiharbeitnehmer bei der  für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebes grundsätzlich mit. Dies ergebe die insbesondere am „Sinn und Zweck“ der Schwellenwerte orientierte Auslegung des Gesetzes. Jedenfalls komme es bei einer Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern nicht auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer an. Bei dem Verfahren ging es um die Anfechtung einer Betriebsratswahl in einem Betrieb mit 879 Stammkräften und 292 Leiharbeitnehmern. Der Wahlvorstand hatte  diese 292 nicht berücksichtigt – in Ãœbereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des 7. Senats! – und nur einen 13-köpfigen Betriebsrat wählen lassen. Zusammen mit den 292 Leiharbeitskräften hätte der Betriebsrat aus 15 Mitgliedern bestehen müssen. Die Wahlanfechtung hatte – im Gegensatz zu den Vorinstanzen – beim BAG Erfolg.

Im Beschluss bleibt die Frage ausdrücklich offen, ob es auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer ankommen kann, weil nach § 9 S.1 BetrVG ab 101 Arbeitnehmern die Zahl der BR-Mitglieder nur noch von der Zahl der Arbeitnehmer abhängt. Bis zur Zahl von 100 kommt es auf die Wahlberechtigung an. M.E. spricht wegen der Regelung in § 7 S.2 BetrVG alles dafür, auch dann die Leihkräfte mitzuzählen( so wohl auch Fitting a.a.O.)

Die Entscheidung liegt auf der inzwischen stabilen Linie wohl aller Senate des  BAG.

Auch der 1. Senat des BAG knüpft bei dem in § 111 BetrVG maßgeblichen Schwellenwert schon seit 2004 – Urt.v.16.11.2004 – 1 AZR 642/03, ArbRB online – an die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer an und zählt die Leiharbeitnehmer mit, wenn sie wahlberechtigt, also seit drei Monaten im Betrieb beschäftigt sind, § 7 S.2 BetrVG (bestätigt durch Urt.v.18.10.2011 – 1 AZR 335/10, ArbRB online).

Der 2. Senat hatte mit seinem Urteil vom 24.1.2013 – 2 AZR 140/12,Pressemitteilung Nr.6/13 – die jüngste Entscheidung des 7.Senats vorgegeben. Entgegen der bisher hM (vgl. statt aller: ErfK/Kiel § 23 KSchG Rz. 19 mwN) zählen  nach Ansicht des 2. Senats auch bei der Betriebsgröße gem § 23 KSchG Leiharbeitnehmer mit, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht.

Also gilt für unsere Praxis – unter den in den Entscheidungen aufgestellten Voraussetzungen: Leiharbeitnehmer wählen und zählen!

 

2 Kommentare

  1. Veröffentlicht 2.4.2013 um 19:27 | Permalink

    Der Beschl. des 7.Senats hat inzwischen das – zu erwartende – Echo gefunden, vgl. Editorial v. Heft 6 der NZA, Schuster: „BAG überholt Gesetzgeber“. Von einem „schwarzen Mittwoch“ zu sprechen, halte ich allerdings für übertrieben, auch mit Blick auf die im selben Heft zu lesenden Beiträge v. Haas/Hoppe (S.294 ff.) und Künzel/Schmid (S. 300 ff.), die in ihren Ergebnissen durch die Änderung der Rechtsprechung des 7.Senats widerlegt sind.

  2. Veröffentlicht 9.4.2013 um 15:42 | Permalink

    In der Tat macht – nun auch im Arbeitsrecht – die Gerichtsbarkeit die Arbeit des Gesetzgebers.
    In allen Bereichen des Rechts gibt es immer wieder mehr oder weniger offenkundige Mängel.
    Die Problematik bei den Zeit- und Leiharbeitern verdanken wir meiner Erinnerung nach dem Fachanwaltskollegen Olaf Scholz, unter dessen Zeit als Arbeitsminister die Öffnungsklausel hinsichtlich der Tarifverträge aufgenommen wirde und damit eine ganze Industrie unter dem Radar des Equal Pay Grundsatzes gewachsen ist.

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