Bekanntlich hat das BAG im März entschieden, dass die Betriebspartner in Betriebsvereinbarungen bestimmte Altersgrenzen vereinbaren und die Arbeitvertragsparteien den Arbeitsvertrag betriebsvereinbarungsoffen gestalten können. Letzteres sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sei und einen kollektiven Bezug habe (BAG vom 5.3.2013 – 1 AZR 417/12, ArbRB 2013, 271 [Grimm]). Bei betriebsvereinbarungsoffenem Arbeitsvertrag entsteht typischerweise keine Kollision, das Günstigkeitsprinzip gilt nur bei einer Kollision von Regelungen in einer Betriebsvereinbarung mit denen des Arbeitsvertrages.
Die Entscheidung wird von Hromadka als ein interessanter Beitrag zur fast hundertjährigen Geschichte der Betriebsvereinbarung kommentiert, und er ruft „freudig“ aus: Die ablösende Betriebsvereinbarung ist wieder da! Des „Wechselbalgs“ der umstrukturierenden Betriebsvereinbarung bedürfe es nicht mehr. Waltermann ist hingegen nicht euphorisch und verweist auf Rechtsprechung des 10. Senats zu Sonderleistungen (BAG vom 5.8.2009 – 10 AZR 483/08, ArbRB 2009, 325 [Braun]), um zu warnen: Die knappe Begründung des Senats trägt die gewissermaßen radikale Auslegungsmaxime nicht, in der Allgemeinheit des Leitsatzes ist sie Fiktion.
Es ist durchaus vorstellbar, dass der Kontext der Entscheidung – es ging um das Ausscheiden eines nach 37 Jahren Betriebszugehörigkeit „zweifach versorgten“ Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis und der konkrete „Aufbau“ des Arbeitsvertrages – es hieß gleich zu Beginn der von beiden Parteien unterschriebenen „Einstellmeldung“: „Das Arbeitsverhältnis unterliegt den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für Lohnempfänger, des Lohntarifvertrages und der Arbeitsordnung der V AG in der jeweils gültigen Fassung“, die gegen Quittung ausgehändigt wurden – das Ergebnis mit beeinflusst haben könnten, auch wenn der Senat nicht darauf abstellt. Wie wäre der Rechtsstreit wohl ausgegangen, wenn die Altersgrenze nicht in einer Versorgungsordnung (der Volkswagen AG), sondern in einer Arbeitsordnung eines kleineren Arbeitgebers ohne betriebliche Altersversorgung enthalten gewesen wäre? Und wie, wenn es sich nicht um die bei Vertragsabschluss geltende, sondern um eine zwischenzeitig einseitig geänderte Arbeitsordnung gehandelt hätte? Für die Vertragsgestaltung wird man sicher tranparente(re) Lösungen empfehlen (müssen)! Für „Altfälle“, derer es nicht wenige geben dürfte, ist die Entscheidung jedoch ein wichtiger, wenn auch nicht der einzige „Fingerzeig“ des BAG.
Notabene: Das Urteil des 1. Senats enthält keine Ausführungen zum Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG. Das mag daran liegen, dass dies entweder wegen der normativen Wirkung der Gesamt-Betriebsvereinbarung kein Problem ist oder weil die Vorschrift zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses noch nicht galt oder weil dem Erfordernis Genüge getan war.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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