Ein Leiharbeitnehmer genügt als Kläger im Prozess mit dem Verleiher um das nach § 10 Abs. 4 S. 1 AÃœG geschuldete Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Entleihers seiner Darlegungslast zunächst dadurch, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÃœG erteilte Auskunft des Entleihers beruft, die er in den Prozess einführt. Denn die – ordnungsgemäße – Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 S. 1 AÃœG zu berechnen. Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt der Verleiher nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft prozessual als zugestanden. Gelingt es dem Verleiher, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Leiharbeitnehmer die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat (BAG v. 23.3.2011 – 5 AZR 7/10, ArbRB 2011, 100 [Koehler], ArbRB online).
Dieser gesetzliche Equal-Pay-Anspruch besteht nach § 10 Abs. 4 S. 2 AÜG nicht, sofern ein auf das Leiharbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag Abweichendes regelt. Nach § 2 Abs. 3 des am 1.11.2012 in Kraft getretenen Tarifvertrages über Branchenzuschläge für Einsätze von Leiharbeitnehmern in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) steht Leiharbeitnehmern ein Zuschlag auf den tariflichen Grundlohn in Höhe von 15 % bis hin zu 50 % zu. Die prozentuale Höhe hängt von der Beschäftigungsdauer im Einsatzbetrieb ab. Nach § 2 Abs. 4 TV BZ ME ist dieser prozentuale Branchenzuschlag der Höhe nach auf die Differenz zwischen dem tariflichen Grundlohn und dem laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs beschränkt. Die Protokollnotiz zu § 2 Abs. 4 TV BZ ME lautet: „§ 2 Abs. 4 TV BZ ME ist eine Ausnahmeregelung, die die individuelle Ermittlung des laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs erfordert. Sie ermöglicht im Einzelfall eine Beschränkung des Branchenzuschlages, wenn der Kundenbetrieb eine entsprechende Deckelung geltend macht.“
Der Verleiher, der sich als Beklagter auf diese Deckelung beruft, genügt seiner Darlegungslast und Substantiierungspflicht nicht, wenn er lediglich eine Bescheinigung des Entleihers, aus der sich die Höhe des Entgelts eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Entleiherbetriebes ergibt, im Prozess vorlegt. Zur Begründung der Deckelung hat der Verleiher vielmehr alle für die Berechnung des Vergleichsentgelts erforderlichen Tatsachen vortragen. Dazu gehören vorrangig die Benennung eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihers, dessen genaue Funktion und Aufgabenbereich sowie dessen Qualifikation und das ihm vom Entleiher gewährte Arbeitsentgelt. Beruft sich der Verleiher insoweit auf ein allgemeines Entgeltschema, gehört hierzu dessen Anwendbarkeit auf Stammarbeitnehmer sowie die danach vorzunehmende fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers (ArbG Stuttgart v. 21.11.2013 – 24 Ca 4398/13, www.arbg-stuttgart.de unter Entscheidungen). Das ArbG Stuttgart stützt sich zum einen auf den Wortlaut der Protokollerklärung und berücksichtigt zum anderen die weitergehenden Informationsmöglichkeiten des Verleihers sowie die angesichts der Interessenslage unterschiedliche Richtigkeitsgewähr der Auskunft in den beiden unterschiedlichen Fällen. Dies schließt nach Auffassung des ArbG Stuttgart eine „spiegelbildliche“ Anwendung der Rechtsprechung des BAG zur Auskunft nach § 13 AÃœG aus. Nach den Entscheidungsgründen des ArbG Stuttgart haben die Arbeitsgerichte Oldenburg und Osnabrück jedoch gegenteilig entschieden.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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