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ArbRB-Blog

Doppelter Vorsitzendenwechsel beim BAG

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Zum 30.09.2014 tritt der Vorsitzende des Sieben Senats des BAG, Wolfgang Linsenmeier, in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin wird Edith Gräfl, die seit Juli 2010 Vorsitzende des Dritten und für das Recht der betrieblichen Altersversorgung zuständigen Senats ist. Neuer Vorsitzender des Dritten Senats wird der bisher im Siebten Senat als Beisitzer tätige Dr. Bertram Zwanziger. Zuständig ist der Siebte Senat u.a. für das Befristungsrecht.

Manche (so z.B. Bauer in NZA 2014, 889) werfen nun die Frage auf, ob ein von Frau Gräfl geführter Siebter Senat die Erleichterung der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch das Urteil des BAG vom 06.04.2011 (Az. 7 AZR 716/99, ArbRB 2011, 131 mit Anmerkung Boudon) aufrechterhalten wird. Das Vorbeschäftigungsverbot war vom BAG auf drei Jahre begrenzt worden, und zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung. Das war ganz heftig u.a. von Höpfner (NZA 2011, 893) kritisiert worden. Aber auch das LAG Baden-Württemberg (Urteil v. 26.09.2013 – 6 Sa 28/1, Revision beim BAG anhängig unter 7 AZR 896/13, sowie eine andere Kammer des LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.02.2014 – 7 Sa 64/13, Revision beim BAG ebenfalls unter 7 AZR 396/14 anhängig) war dem BAG nicht gefolgt. Zuletzt hatte auch das Arbeitsgericht Braunschweig mit einem Beschluss vom 03.04.2014 (Az. 5 Ca 463/13 B, hier im Arbeitsrechtsberater bebloggt am 06.08.2014 unter „Muss das BVerfG die Regeln für die sachgrundlose Befristung klären„) einen Rechtsstreit nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG ausgesetzt und die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1, Art. 2 und Art. 3 GG aufgeworfen.

Spannend wird der Vorsitzendenwechsel auf Frau Gräfl vor allem dadurch, dass sie sich in der Festschrift Bauer, 2010, 375 (380) sehr klar dafür ausgesprochen hat, dass es nicht auf einen zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang zu einem früheren Arbeitsverhältnis ankomme, sondern das Vorbeschäftigungsverbot unbegrenzt gelte. Wörtlich heißt es zu einer Begrenzung: „Diese Auslegung erscheint in Anbetracht der Vorgängerregelungen zu § 14 Abs. 2 TzBfG wenig tragfähig.“ Das wird dann aus § 1 BeschFG 1985 abgeleitet. Dort war ein enger sachlicher Zusammenhang ausgeschlossen, wenn die Vorbeschäftigung nicht weniger als vier Monate mit dem neuen befristeten Arbeitsverhältnis zusammenhing. Methodisch leitet Gräfl daraus ab, eine zeitliche Begrenzung der Vorbeschäftigung – wie sie das BAG am 06.04.2011 gefunden hat – müsse dann ausdrücklich im Gesetz geregelt werden. Dazu hat sich Gräfl auch auf den Zweiten Senat berufen, der (schon) am 06.11.2003 (2 AZR 21/03) entschieden hatte, dass es für das Anschlussverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG grundsätzlich nicht auf einen zeitlichen Abstand zu einem früheren Arbeitsverhältnis ankomme. Dann hätte der Siebte Senat möglicherweise auch nach § 45 ArbGG (Divergenz) vorgehen müssen.

Wir dürfen nun spekulieren, was der „neue“  Siebte Senat (auch der bisherige Beisitzer Dr. Zwanziger wechselt aus dem Senat, so dass zwei „Sitze“ neu besetzt sind) mit den Revisionen aus Baden-Württemberg macht.

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

Ein Kommentar

  1. Veröffentlicht 24.9.2014 um 21:28 | Permalink

    Lieber Herr Kollege Dr. Grimm, vielen Dank für diese interessanten Innenansichten. Die Entwicklung der Rechtsprechung in dieser Frage bleibt weiter interessant, und der Blick wendet sich von Karlsruhe nach Erfurt – Luxemburg dürfte insoweit kaum betroffen sein, vielleicht fühlt sich das politische Berlin aufgerufen, dem Hin und her durch eine klare Regelung ein Ende zu bereiten. Ãœbrigens hat sich die Noch-Vorsitzende des 3. Senats, Frau Gräfl, nicht nur 2010 in der Festschrift für Herrn Kollegen Prof. Dr. Bauer im Sinne der seinerzeit ganz herrschenden Meinung geäußert. Sie hatte „bereits zuvor“ als Mitglied des 7. Senats an einem Beschluss mitgewirkt, der die Frage trotz der bereits seinerzeit von der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken als entschieden angesehen hatte (Beschluss vom 29.7.2009 – 7 AZN 368/09). Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte sich unter anderem auf die Kommentierung des Vizepräsidenten des BAG, Herrn Müller-Glöge, gestützt, der schon damals im Erfurter Kommentar (14. Auflage, § 14 TzBfG Rn 99 a.E.) mit einer nah am Wortlaut sowie am Sinn und Zweck orientierten Auslegung zu demselben Auslegungsergebnis kam, wie 2011 der „neue“ und in wenigen Tagen „alte“ 7. Senat im Wege der verfassungsorientierten Auslegung. Ãœberrascht war ich seinerzeit über die Art des „Diskurses“ innerhalb des BAG. Im Beschluss vom 29.7.2014 hieß es apodiktisch: „Die von Müller-Glöge angeführten Argumente sind überdies nicht neu, sondern bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des TzBfG von den Befürwortern einer einschränkenden Auslegung des Anschlussverbots angeführt worden.“
    RA FAArbR Axel Groeger, Bonn

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