Entlassung iSd. § 17 Abs. 1 KSchG meint bei einer richtlinienkonformen Auslegung den Ausspruch der Kündigung. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG seit dem Urteil vom 23.3.2006 (2 AZR 343/05). In demselben Urteil hat das BAG Vertrauensschutz gewährt. Eine erst nach Ausspruch der Kündigung erstattete Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit führte jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn sich der Arbeitgeber berechtigterweise auf den auch bei einer Änderung der Rechtsprechung zu beachtenden Vertrauensschutz berufen konnte.
Nun gehören zum Vertrauen mindestens zwei oder noch mehr. Wenn des einen (Arbeitgeber) Vertrauen geschützt wird, belastet dies den anderen (Arbeitnehmer). Ein durch eine vergleichbare Entscheidung des BAG aus dem Jahre 2007 belasteter Arbeitnehmer hatte dagegen eine Verfassungsbeschwerde erhoben. Das BVerfG gab ihm jetzt recht. Das BAG habe die Vorlagepflicht aus Art 267 Abs 3 AEUV in unhaltbarer Weise gehandhabt und damit Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verletzt. Es habe sich darüber hinweggesetzt, dass die Gewährung von Vertrauensschutz zumindest auch eine Frage des Unionsrechts sei. Was den Rückgriff auf nationales Verfassungsrecht betreffe, habe das BAG nicht festgestellt, dass der vom GG gebotene grundrechtliche Mindeststandard durch das Unionsrecht verfehlt würde. Nicht mehr verständlich erschien dem BVerfG zudem, dass sich das BAG nicht näher mit der unionsrechtlichen Bindungswirkung von Vorabentscheidungen auseinandergesetzt hatte (3. Kammer des 2. Senats vom 10.12.2014 – 2 BvR 1549/07).
Auch wenn ein Fachgericht in nicht vertretbarer Weise die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung eines Gesetzes annimmt, verletzt es die Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG (BVerfG 1. Senat vom 16.12.2014 – 1 BvR 2142/11). Eine Vorlage an das BVerfG ist jedoch unzulässig, wenn das Gericht nicht die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung geprüft hat.
Deutliche Worte erneut aus Karlsruhe!
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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