Die EU-Kommission hat am 10.04.2015 eine Konsultation mit den Sozialpartnern (Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern) auf EU-Ebene eingeleitet. Ziel ist, eine Stellungnahme zur möglichen Überarbeitung dreier bedeutender Richtlinien über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer einzuholen.
Im Rahmen einer kürzlich durchgeführten Eignungsprüfung der Richtlinie 98/59/EG über Massenentlassung (auch MERL genannt), Richtlinie 2001/23/RG über den Betriebsübergang und Richtlinie 2002/14/EG über die Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer hat die Kommission eine „Reihe von Regelungslücken und Mängeln“ festgestellt (so die Formulierung im Anhörungsdokument vom 10.04.2015, C (2015)2303 final).
Ziel der Anhörung ist die Angleichung und vor allem Definition der wichtigsten Konzepte, d. h. der Unterrichtung und Anhörung (S. 9 d. zitierten Kommissionsdokuments). Die Neufassung der Richtlinien soll darauf hinzielen, die öffentliche Verwaltung aus dem Anwendungsbereich der Richtlinien auszuschließen oder klar einzubeziehen und den Text praktisch in einer Richtlinie zusammenzufassen, mit kohärenteren Definitionen und einer „stringenteren“ Struktur. Die MERL und die BetriebsübergangsRL enthielten keine Definition der Konzepte „Unterrichtung“ und „Anhörung“, die Richtlinie 2002/14/EG hingegen schon. Teile der Definitionen dieser Begriff seien im Vergleich zu den ausführlicheren Definitionen in der neu gefassten EBR-RL 2000/38/EG und der RL 2001/86/EG über die Europäische Gesellschaft jedoch relativ kurz. Man müsse Forderungen bedenken, die Definitionen an die RL 2002/14/EG anzugleichen und auch den höheren Standard der EBR-RL und der SE-RL zu erreichen. Besonders misslich sei dabei, dass die Betriebsübergangs-RL und die MERL – wie gesagt – keine Definition der Begriffe „Unterrichtung“ und „Anhörung“, aber Informations- und Konsultationspflichten enthielten, woraus eine Unklarheit folge.
Die Kommission möchte die Standpunkte der Sozialpartner hinsichtlich einer möglichen Konsolidierung, d. h. Präzisierung und Schärfung der Richtlinien erfahren. Die Reaktion der Sozialpartner erwartet die Kommission bis zum 30.06.2015.
Hieraus können wir entnehmen, dass sich etwas in dem für die gesetzliche Ausgestaltung bzw. Auslegung der §§ 17 ff. KSchG, §§ 111, 112 BetrVG und § 613a BGB maßgeblichen europäischen Richtlinien-Rahmen bewegen wird. Lohnenswert ist es daher, die Konsultation der Sozialpartner und das weitere Vorgehen der EU-Kommission zu verfolgen. Den Link zu den Dokumenten der Kommission zum Thema finden Sie hier:
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=329&newsId=2192&furtherNews=yes
PS: Wer sich mit der Frage beschäftigen möchte, ob die Richtlinien zu Informations- und Konsultationsrechten und insb. die RL 2002/14/EG über die Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im geltenden deutschen Recht richtlinienkonform umgesetzt sind (wie es die Bundesregierung annimmt), kann sich in dem druckfrischen Beitrag von Schlachter, Die europäische Dimension betrieblicher Arbeitnehmerbeteiligung, EuZA 2015, 149 ff. darüber informieren. Raten Sie mal, ob die Auffassung der Bundesregierung zutreffend ist.