Was ist eine Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 HS 2 TzBfG? Eine Verlängerung muss erstens noch während der Laufzeit des verlängerten Vertrages schriftlich vereinbart werden und darf zweitens nur die Vertragsdauer ändern, grundsätzlich aber nicht die übrigen Arbeitsbedingungen; anderenfalls liegt der Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrages vor, dessen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht ohne Sachgrund zulässig ist, selbst wenn sich die Gesamtdauer innerhalb der Grenze des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG bewegt.
Der erste befristete Arbeitsvertrag eines Flugbegleiters, der für die Zeit vom 29.6.2013 bis 30.11.2013 geschlossen wurde, enthielt folgende Vereinbarung: „Der dienstliche Einsatzort ist Berlin. Der Arbeitnehmer kann vorübergehend oder auf Dauer auch an einem anderen Ort eingesetzt werden.“ Der zweite, am 7.10.2013 für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.7.2014 geschlossene Arbeitsvertrag enthielt stattdessen folgende Vereinbarung: „Der dienstliche Einsatzort ist Berlin. Die Arbeitsvertragsparteien sind sich darüber einig, dass dies beinhaltet, dass ab Eröffnung des Großflughafens Berlin-Brandenburg (BER) somit sämtliche Flugdienste (Umläufe) vom Flughafen BER aus beginnen. Der Arbeitnehmer kann vorübergehend oder auf Dauer auch an einem anderen Ort eingesetzt werden.“
Der BER liegt auf dem Gebiet von Schönefeld, was kein Bezirk von Berlin ist, sondern eine Gemeinde im Land Brandenburg. Umsichtig war der Ersteller des zweiten Vertrages daher, viel Weitsicht musste er im Oktober 2013 für den bis Ende Juli 2014 befristeten Arbeitsvertrag nicht haben, ein grenzenloser Optimist wird er wohl gewesen sein. Die Klausel, dass „dies beinhaltet … “ kam nicht zum Tragen.
Zurück zum Thema: Verlängerung oder Neuabschluss, das ist hier die Frage! Das ArbG Berlin hat – im Sinne des (früheren) 7. Senats des BAG, dem „formaler Rigorismus“ vorgehalten worden war – entschieden, dass wegen der Erweiterung der Regelung über den Arbeitsort der zweite Vertrag keine Verlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 HS 2 TzBfG ist. Das LAG Berlin-Brandenburg hat – in einer lesenswerten Entscheidung – entgegengesetzt entschieden. Es hat beide Verträge ausgelegt und dabei festgestellt, dass sie materiell nichts anderes regelten, weil nach beiden Verträgen das kraft Gesetzes (§ 106 GewO) bestehende Direktionsrecht nicht beschränkt war (Urt. v. 24.4.2015 – 6 Sa 2360/14, ArbRB online).
Recht so? Einziger Wermutstropfen ist, dass das Landesarbeitsgericht die Revision nicht zugelassen hat. So bedarf es schon einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde, um dem neuen 7. Senat Gelegenheit zu geben, die wohl grundsätzliche Frage zu entscheiden, ob über die Gretchenfrage „Verlängerung oder nicht“ der Wortlaut oder der durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eines Arbeitsvertrages entscheidet und welcher Maßstab insoweit an die Verständnismöglichkeiten eines redlichen und verständigen Vertragspartners des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen angelegt werden darf und welche Bedeutung insoweit die zwar von Juristen auszulegende, aber bei der Auslegung die Perspektive von Verbrauchern einzubeziehende Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB hat. Dann könnte der BER am Ende sogar ein Vehikel für die Fortentwicklung des Arbeitsrechts sein!
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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