…beschäftigen mich gerade. Zum einen bereite ich gerade einen Vortrag für das Arbeitsrecht-Summit des BUJ im März in Köln vor. Der Themenbereich umfasst den Komplex „Flexibilisierung der Arbeit, Stress und psychische Belastungen“. Hierbei spielt natürlich auch die Frage der Arbeitszeiten, der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes etc. eine Rolle. Gerade von Arbeitnehmervertretern wird das Arbeitszeitgesetz gegen Änderungsvorschläge verteidigt. Urban spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem zu erwartenden „traditionellen Kampf um den 8-Stunden-Tag“ (Urban in Schröder/Urban [Hrsg.], Jahrbuch Gute Arbeit 2016, 21, 35 f.).
Auch der in der vergangenen Woche veröffentlichte DGB-Index „Gute Arbeit 2016“ befasst sich mit Fragen der Arbeitszeit, nämlich der überlangen Arbeitszeit. Diese wird als Arbeitszeit von mehr als 45 Stunden pro Woche definiert. D.h. Arbeitgeber, die die Möglichkeiten des Arbeitszeitgesetzes ausschöpfen, verlangen den Arbeitnehmern überlange Arbeitszeiten ab.
Gleichzeitig habe ich eine Akte auf dem Tisch, in der sich ein Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung wehrt. Er hatte seine Arbeit außerhalb der nach der Betriebsvereinbarung zulässigen Arbeitszeit aufgenommen. Nachdem die Arbeitgeberin ohne Erfolg versucht hatte, ihn zur Einhaltung der Betriebsvereinbarung anzuhalten, sprach sie eine Abmahnung aus. Dem Arbeitnehmer fehlt jegliches Verständnis dafür, warum die Arbeitgeberin von ihm die Einhaltung dieser Vorschriften verlangt. Mag nun also die Berufungsinstanz klären, ob das Arbeitsgericht seine Klage zu Recht abgewiesen hat.
Da daneben auch Arbeitnehmer immer mehr eine Flexibilisierung der Arbeit wünschen, wird dieser Themenkomplex in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen und die arbeitsrechtlichen Praktiker werden sich vermehrt hiermit befassen müssen.
RA FAArbR Dr. Stefan Sasse, Magdeburg
www.goehmann.de
Ein Kommentar
Sehr geehrter Herr Sasse,
vielen Dank für diesen Beitrag, der sehr gut das aktuelle Problem im Zusammenhang mit der allgegenwärtigen Diskussion iS Digitalisierung und „Arbeit 4.0“ aufzeigt. Gerade der „Abmahnsachverhalt“ zeigt das Dilemma in der betrieblichen Praxis; ich möchte nicht wissen, wie viele Abmahnungen danach täglich in Deutschland ausgesprochen werden müssten, etwa wegen dem „kurzen Blick“ am Abend in das Smartphone.
Wie sagt das BMAS so schön: „Wir stehen am Beginn neuer Aushandlungsprozesse zwischen Individuen, Sozialpartnern und dem Staat.“ Staat und Sozialpartner (Management und Gewerkschaften!) müssen dabei sehr sorgsam vorgehen, um den immer selbstbewusster werdenden Mitarbeiter nicht zu verlieren. Es geht weder um die Absenkung des Arbeitsschutzes (Gewerkschaften) noch um die Sicherung der Kontrolle (Arbeitgeber).
Die Digitalisierung bietet Chancen für alle und sollte nicht ausschließlich auf eine Risikodiskussion reduziert werden.
Silvio Fricke
-Geschäftsführer-
(Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU); http://www.bvau.de )