Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bedarf gem. § 74 Abs. 1 HGB der Schriftform. Das Schriftformerfordernis hat neben der Klarstellungs- und Beweisfunktion vor allem eine Warnfunktion. Es sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr soll der Arbeitnehmer vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden. Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftformvereinbarung vereinbartes Wettbewerbsverbot ist gemäß § 125 BGB nichtig. Auf eine nichtige Vereinbarung können sich beide Vertragsparteien nicht berufen.
Nach § 74 Abs. 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot nicht nur schriftlich abzuschließen, sondern bedarf auch der Übergabe der Originalurkunde an den Arbeitnehmer. Dem Recht des Arbeitnehmers, sich auf das Wettbewerbsverbot zu berufen, steht jedoch nicht entgegen, wenn die Übergabe unterblieben ist. Die Bestimmung enthält insoweit keine Formvorschrift, sondern lediglich eine Dokumentationsregelung. Auch ihr Zweck gebietet keine andere Auslegung.
Das Schriftformerfordernis schließt den Abschluss einer Wettbewerbsabrede durch konkludent abgegebene Willenserklärungen aus. Fällt auch eine Verlängerung oder Vereinbarung über die Erneuerung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots unter den Formzwang der §§ 74 Abs. 1 HGB, 125 BGB? Mit dieser Frage hat sich das LAG Hamm befasst und sie bejaht (Urt. v. 16.2.2016 – 14 Sa 1473/15, ArbRB online). Die Arbeitnehmerin hatte den Arbeitsvertrag von Juli 2011 zum 31. Mai 2013 zunächst selbst gekündigt. Die Arbeitgeberin hat dazu erklärt, Grund sei gewesen, dass die Arbeitnehmerin am 1. Juni 2013 ein neues Arbeitsverhältnis habe aufnehmen wollen. Letztlich habe sie sich jedoch entschlossen, die neue Arbeitsstelle nicht anzutreten. Stattdessen habe sie beim Geschäftsführer der Beklagten vorgesprochen und gefragt, ob sie nicht zu den gleichen finanziellen Bedingungen wie zuvor wieder bei der Beklagten anfangen könne. Damit sei die Beklagte einverstanden gewesen. Ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag sei nicht erstellt, wohl aber der Klägerin ihre Kündigung zurückgereicht worden.
Für die Aufrechterhaltung des im Arbeitsvertrag von Juli 2011 enthaltenen Wettbewerbsverbots hätte es nach Ansicht des LAG Hamm zumindest einer schriftlichen, von beiden Seiten unterschriebenen Vereinbarung bedurft, das dieses Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages von Juli 2011 fortgesetzt wird. Nur in diesem Fall hätte auch eine wirksame schriftliche Vereinbarung des in diesem Arbeitsvertrag enthaltenen Wettbewerbsverbotes vorliegen können. Die bloß mündlich vereinbarte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führe nicht dazu, dass die Schriftform eingehalten worden sei. Das Wettbewerbsverbot in § 8 Arbeitsvertrag sei mit dem Ablauf des 31. Mai 2013 hinfällig bzw. nichtig geworden, weil die Parteien ohne seine erneute formwirksame Vereinbarung das Arbeitsverhältnis fortgesetzt hätten. Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2015 gekündigt hat, bestand für die Zeit ab dem 1. Juni 2015 kein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung mehr.
Und was lernt 😉 uns das noch? Wichtig und immer richtig ist es, möglichst vollständige schriftliche Vereinbarungen und Erklärungen genau zu studieren. Jedoch ist das Leben vielfältiger und das Erinnern an Vergangenes manchmal noch wichtiger, selbst wenn es fast bedeutungslos erscheint. Das Erinnern allein genügt oft nicht, sondern es muss – im konkreten Fall gegenüber der oder dem Prozessbevollmächtigten – ausgesprochen werden. Schweigen wäre hier Silber gewesen, erst das Erinnern an die Ereignisse im Jahre 2013 und die Mitteilung an die oder den Prozessbevollmächtigten und erst ein Schriftsatz in der Berufungsinstanz verhalf dem Arbeitgeber zum Erfolg. Anderenfalls hätte er heute noch Karenzentschädigung zahlen müssen.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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