Der Sachgrund einer Befristung durch gerichtlichen Vergleich i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfordert nach Auffassung des BAG sowohl einen gerichtlichen Streit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als auch die Einzelfallprüfung, ob ein institutioneller Rechtsmissbrauch vorliegt (BAG, Urt. v. 12.11.2014 – 7 AZR 891/12, ArbRB 2015, 70).
In dem zugrunde liegen Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines durch gerichtlichen Vergleich befristeten Arbeitsverhältnisses. Die Parteien hatten sechs aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einer Gesamtdauer von ca. elf Jahren geschlossen, wobei die letzten vier Befristungen auf gerichtlichen Vergleichen beruhten. Im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens, mit dem der Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begehrte, verständigten sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung auf einen Vergleich, der neuerlich eine befristete Beschäftigung für einen zehnmonatigen Zeitraum vorsah. Kurz vor Ablauf dieses Zeitraums erhob der Kläger Entfristungsklage. Die Vorinstanzen hatten der Klage nicht entsprochen.
Das BAG hob die Berufungsentscheidung auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.
Es stellte zunächst erneut fest, dass der sachliche Grund für eine Befristung wegen Abschlusses eines gerichtlichen Vergleichs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht nur die inhaltliche Mitwirkung des Gerichts beim Vergleichsschluss erfordert, sondern der Vergleich auch nur innerhalb eines Rechtsstreits zur Beilegung einer Bestandsstreitigkeit möglich ist. Hiervon umfasst sei auch ein Rechtsstreit, mit dem der Arbeitnehmer die Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Folgevertrags begehre.
Obwohl diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben seien, wäre es aus Gründen des Unionsrechts und der nach deutschem Recht gebotenen Prüfung des Sachverhalts auf institutionellen Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) geboten gewesen, die näheren Umstände des Einzelfalls daraufhin zu untersuchen, ob eine Un-wirksamkeit der Befristung anzunehmen sei. Die vorliegende Sachverhaltskonstellation von Kettenbefristungen mit einer Gesamtdauer von über elf Jahren bei sechs Einzelbefristungen, von denen die letzten vier auf gerichtlichen Vergleichen beruht hätten, gebe hierfür ausreichend Anlass.
Die neuere Rechtsprechung des 7. Senats (erstmals BAG, Urt. v. 18.7.2012 – 7 AZR 443/09, ArbRB 2013, 4) führt dazu, dass selbst bei Vorliegen der vom BAG geforderten Bestandsstreitigkeit und einer Mitwirkung des Gerichts für die Parteien keine Rechtssicherheit eintritt. Ein gerichtlicher Vergleich ist daher schon lange keine Sicherheit mehr für den Arbeitgeber, einen Arbeitsvertrag wirksam befristen zu können. Nicht nur die über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Erfordernisse der Mitwirkung des Gerichts an der vergleichsweisen Einigung und des Vorliegens einer Bestandsschutzstreitigkeit sind durch den Arbeitgeber zu beachten, sondern jetzt auch der nicht immer berechenbare Ausgang einer Missbrauchskontrolle. Selbst eine anwaltliche Vertretung beider Parteien lässt das BAG nicht genügen. Soweit ersichtlich hat der Arbeitgeber im Fall von Befristungen daher erst dann Rechtssicherheit, wenn die dreiwöchige Klagefrist für den Arbeitnehmer abgelaufen ist. Jedenfalls dann, wenn an einem gerichtlichen Vergleich zwei anwaltlich vertretene Parteien und das Gericht mitwirken, liegt in dieser restriktiven Rechtsprechung des BAG durchaus eine gewisse Bevormundung, die über den mit der gesetzlichen Regelung intendierten Arbeitnehmerschutz hinausgeht.
RA FAArbR Dr. Henning Hülbach, Rechtsanwälte Verweyen Lenz-Voß Boisserée, Köln Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht (TH Köln)