Der klassische Anwendungsbereich des ÄArbVtrG ist die ärztliche Weiterbildung in Krankenhäusern kommunaler, kirchlicher oder freier Träger. Nach § 1 Abs. 6 ÄArbVtrG gelten die Absätze 1 bis 5 dann nicht, wenn der Arbeitsvertrag unter den Anwendungsbereich des WissZeitVG fällt. Damit beschränkt sich der sachliche Geltungsbereich der Befristungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 1 bis 4 ÄArbVtrG auf die ärztliche Weiterbildung außerhalb von Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Ãœbereinstimmend mit der herrschenden Meinung hat das BAG entschieden, dass dann, wenn der Arbeitgeber in einem mit einem approbierten Arzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag vereinbart, dass die Beschäftigung der Weiterbildung zu einem der in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungsziele dient, damit die Möglichkeit der Befristung (jedenfalls) nach § 14 Abs. 2 TzBfG ausgeschlossen wird. Damit können angestellte Ärzte lediglich außerhalb ihrer Weiterbildung nach § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos befristet beschäftigt werden. Grundlage dieser Entscheidung ist § 1 Abs. 5 ÄArbVtrG. Danach sind die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge – und damit auch § 14 Abs. 2 TzBfG – nur insoweit anzuwenden, als sie den Vorschriften von § 1 Abs. 1 bis 4 ÄArbVtrG nicht widersprechen. Erfolgt eine befristete Beschäftigung zur Weiterbildung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG, widersprechen die Regelungen in § 14 Abs. 2 TzBfG jedoch insbesondere den Mindestbefristungsregelungen in § 1 Abs. 3 Satz 5 und 6 ÄArbVtrG. Durch die Bindung der jeweiligen Befristungsdauer an die Weiterbildungsbefugnis des weiterbildenden Arztes wollte der Gesetzgeber auch einer missbräuchlichen Verwendung der Befristungsmöglichkeiten zum Abschluss kurzfristiger Arbeitsverträge entgegenwirken (BT-Drs. 13/8668 S. 6). Der Verwirklichung dieses Regelungsziels würde es zuwiderlaufen, wenn Ärzte zum Zwecke der Weiterbildung im Rahmen sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse nach § 14 Abs. 2 TzBfG beschäftigt werden könnten (BAG vom 14.6.2017 – 7 AZR 597/15, ArbRB Online).
Demgegenüber bleibt nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG das Recht der Hochschulen unberührt, das in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bezeichnete Personal entweder in unbefristeten oder in nach Maßgabe des TzBfG befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Jedoch verdrängen die besonderen Befristungsmöglichkeiten des § 2 Abs. 1 WissZeitVG als Spezialregelungen § 14 Abs. 1 TzBfG, soweit die befristete Beschäftigung ausschließlich der wissenschaftlichen Qualifizierung des Mitarbeiters dient. Wird die Befristung jedoch auf Gründe gestützt, die nicht abschließend von den im WissZeitVG vorgesehenen Befristungsregelungen erfasst werden, kann die Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG gerechtfertigt sein.
Im vom BAG entschiedenen Fall erfolgte die Beschäftigung laut Arbeitsvertrag „zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung“. Die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG erfordert jedoch nicht, dass der Befristungsgrund im Arbeitsvertrag genannt ist. § 1 ÄArbVtrG enthält auch – anders als z.B. § 2 Abs. 4 WissZeitVG – kein Zitiergebot. § 2 Abs. 4 WissZeitVG ist auch nicht entsprechend anwendbar.
Im vom BAG am 14.6.2017 entschiedenen Fall hätte, wenn die Parteien nicht im Arbeitsvertrag vereinbart hätten, dass die Beschäftigung der Weiterbildung zu einem der in § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG genannten Weiterbildungsziele dient, das BAG die Frage beantworten müssen, ob sich der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Verfahren alternativ auf die Befristungsmöglichkeiten des § 1 ÄArbVtrG und des § 14 TzBfG berufen kann. § 1 Abs. 5 ÄArbVtrG beantwortet diese Frage nicht eindeutig, wenn er lediglich bestimmt, dass die arbeitsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze über befristete Arbeitsverträge nur insoweit anzuwenden (sind), als sie den Vorschriften von § 1 Abs. 1 bis 4 ÄArbVtrG nicht widersprechen. Sind sie im sachlichen Anwendungsbereich des ÄArbVtrG nur eingeschränkt anzuwenden oder nur dann, wenn der konkrete Arbeitsvertrag kraft privatautonomer Vereinbarung dem ÄArbVtrG „unterfallen“ soll?
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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