Fragen der Betriebsratsanhörung in der Probezeit beschäftigen die Gerichte regelmäßig. Ein lesenswertes Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 14.03.2018 (3 Sa 196/17) gibt Orientierung.
Dem Kläger, der beim beklagten Verein als Leiter des Rettungsdienstes eingestellt gewesen war, war in der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 KSchG gekündigt worden. Der Arbeitgeber hatte in der Anhörung gem. § 102 BetrVG formuliert: „Herr X genießt noch keinen Kündigungsschutz. Die sechsmonatige Wartezeit des § 1 KSchG ist noch nicht erfüllt. Die Kündigung ist dementsprechend nicht sozial zu rechtfertigen. Die Kündigung ist erforderlich, weil sich Herr X aus unserer Sicht in der Probezeit nicht bewährt und die in ihm gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat.“
Der Arbeitnehmer sah darin einen Verstoß gegen § 102 Abs. 1 BetrVG und verwies ferner darauf, dass die Leistungsbeurteilungen nicht so negativ seien, wie es behauptet würde. Überdies sei die Kündigung Schikane, weil er sich nicht als leitender Angestellter habe behandeln lassen.
Für die Kündigung in der Probezeit gilt nach der Rechtsprechung des BAG die sog. subjektive Determinierung. Zwar – so hatte es das BAG im Urteil vom 13.07.1978 – 2 AZR 717/78 – entschieden, genügt eine pauschale und schlagwortartige Bezeichnung des Kündigungsgrundes nicht. Nach dem Urteil aus dem Jahre 1978 soll es auch nicht genügen, wenn ein reines Werturteil benannt wird. Das BAG hatte es damals noch offengelassen, ob dies anders ist, wenn der Arbeitgeber gar keine Gründe hat oder sein Kündigungsentschluss subjektiv ist.
Diese Rechtsprechung hatte das BAG im Jahre 1988 (Urt. v. 08.09.1988 – 2 AZR 103/88) im Grunde wiederholt. Es hat weiterführend formuliert, dass die Unterrichtung über die subjektive Determinierung genügt, wenn der Kündigungsentschluss nicht nachvollziehbar und begründbar, sondern nur subjektiv begründet ist. Im damaligen Fall war als Begründung der Kündigung angegeben worden „nicht ausreichende Arbeitsleistung“. Das genügt deshalb, weil der Arbeitgeber sich auf ein Werturteil beschränkt hat, dass er „offensichtlich nicht weiter konkret begründen konnte (BAG v. 08.09.1988, Rn. 47 bei juris). Entgegen einer von einigen Instanzgerichten (z.B. LAG Baden-Württemberg v. 14.01.2016 – 18 Sa 21/15) geäußerten Kritik hat das BAG diese Rechtsprechung im Jahr 2013 (Urteil vom 12.09.2013 – 6 AZR 121/12, ArbRB 2014, 8) bestätigt.
Sind Kündigungen nicht substantiierbar – dann müssen diese Gründe bzw. die diese stützenden Tatsachen – auch in der Betriebsratsanhörung nicht angegeben werden. Stützt sich die Kündigung auf personenbezogene Werturteile, reicht die Mitteilung alleine des Werturteils für die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung (wohl gemerkt nur in der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 KSchG!) aus.
Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet „im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen“ (so der Orientierungssatz 2 zum Urteil vom 12.09.2013; zustimmend HWK-Ricken, 8. Aufl. 2018, § 102 BetrVG Rz. 31; Seitz in: Tschöpe Arbeitsrecht-Handbuch 10. Auflage 2017, Teil 3 J, Rz. 18, 37).
Diese Rechtsprechung greift das LAG Mecklenburg-Vorpommern auf und führt im Orientierungssatz aus:
„Bei einer Kündigung in der Wartezeit, die auf personenbezogenen Werturteilen beruht, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsratsanhörung allein das Werturteil mitteilt, ohne dies näher zu substantiieren oder zu begründen.“
Die Unterstützung des BAG durch die Instanzgerichte ist erfreulich. Hier sei die Formulierung des LAG Mecklenburg-Vorpommern in weiter verkürzter Form – als Muster – zusammengefasst:
„Herr/Frau X genießt noch keinen Kündigungsschutz, da die sechsmonatige Wartezeit des § 1 KSchG noch nicht erfüllt und eine soziale Rechtfertigung dementsprechend nicht notwendig ist. Die Kündigung ist erforderlich, weil sich Herr/Frau X aus unserer Sicht in der Probezeit nicht bewährt und die in ihm/ihr gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat.“