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ArbRB-Blog

Wettbewerbswidrigkeit von Online Krankschreibung per WhatsApp

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Das LG Hamburg (Urteil vom 3.9.2019 – 406 HKO 56/19) hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, per WhatsApp im Rahmen einer Fernbehandlung Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG erteilen.

Die Ärztekammern in Hamburg und Schleswig-Holstein, die einen klagebefugten Verein nach  § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gegründet hatten, hatten sich gegen den Anbieter von AU-Bescheinigungen gewandt, der die Feststellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Handy mittels WhatsApp für 9 € anbietet, dies insbesondere bei der Diagnose von Erkältungen, und das bewarb.

Der untersagte Werbetext lautet (auszugsweise):

  1. Bei Erkältung erhalten Sie für 9,00 EUR eine gültige Krankschreibung vom Tele-Arzt über WhatsApp und per Post.
  2. Sie sind arbeitsunfähig wegen Erkältung und müssten daher zum Arzt? Hier erhalten Sie Ihre AU-Bescheinigung einfach online per Handy nach Hause! Wenn Sie werktags (Mo-Fr) vor 10:00 Uhr bestellen, versenden wir Ihre AU bis 15:00 Uhr per WhatsApp und per Post. Anderenfalls am nächsten Werktag (Mo-Fr) bis 15:00 Uhr. Beginn der AU ist immer das Bestelldatum.
  3. Und so geht’s: Symptome schicken, Risiken ausschließen, Daten eingeben, einfach bezahlen, fertig.
  4. Das Besondere an einer Arzt-Behandlung per Telemedizin ist grundsätzlich, dass der Arzt keinen persönlichen Kontakt zu Ihnen hat. Daher kann er Sie insbesondere für eine Diagnose nicht körperlich untersuchen und ist insbesondere auf Anamnese angewiesen, d.h., Ihre Antworten auf seine Fragen, insbesondere zu vorliegenden Symptomen.

Die Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen alleine aufgrund einer Ferndiagnose ist nach zutreffender Ansicht des LG Hamburg unlauter und verstößt gegen § 9 Heilmittelwerbegesetz. Der Anbieter fördere Verstöße der mit ihm zusammenarbeitenden Ärzte gegen § 7 Abs. 4 und § 25 der Berufsordnung für Ärzte (Musterberufsordnung ebenso wie der Hamburger Berufsordnung). Das sei schon nach § 3a UWG (Ausnutzen eines Rechtsbruchs) unlauter.

Daneben sei das Vorgehen des Beklagten, das sich an Verbraucher richte, auch gem. § 3 Abs. 2 UWG unlauter, weil es  nicht unternehmerischer Sorgfalt entspreche. Die Beklagte organisiere und bewerbe Krankschreibungen in einer der ärztlichen Sorgfalt widersprechenden Art, was die geschäftlichen Handlungen der Verbraucher unlauter beeinflusse. Die Krankschreibungen seien nicht mit der notwendigen ärztlichen Sorgfalt und Überzeugung erstellt, weil grundsätzlich unmittelbar Kontakt zwischen Arzt und Patient notwendig sei und nur so die zuverlässigen Feststellungen sowohl zur Person des Patienten als auch zur Erkrankung getroffen werden könnten. Das sei bei einem Videocheck insbesondere im Hinblick auf die Verifizierung der Angaben des Patienten unmöglich.

Die Beklagte „organisiert und bewirkt“ – so das LG – eine „fortgesetzte Verletzung der ärztlichen Sorgfalt“ was eine Verletzung des § 3 UWG i.V.m. § 25 der Berufsordnung für Ärzte  und des § 3 Abs. 2 UWG darstelle.

Eine sehr erfreuliche Entscheidung, die dem Missbrauch mit Ferndiagnosen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hoffentlich ein Ende bereitet. Man darf auf die Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts gespannt sein, sollte Berufung eingelegt werden.

Weitergehendes finden Sie dazu von Kleinebrink  unter „Krankschreiben per Knopfdruck“ – Auswirkungen auf den Beweiswert von AU-Bescheinigungen, ArbRB 2019, 147 ff “ und – schon etwas älter – in meinem Blog.

Die Ausführungen zur fortgesetzten Verletzung der ärztlichen Sorgfalt können wir uns beim Streit um Zweifel an der AU-Bescheinigung in Entgeltfortzahlungsansprüchen nutzbar machen. Sicherlich ist in jedem Fall der Darlegungs- und Beweiswert der Bescheinigungen erheblich beeinträchtigt (zu Recht Kleinebrink, ArbRB 2019, 147, 149).

 

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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