Der BMAS Hubertus Heil spricht sich in einer Ministererklärung vom 23.3.2020 für die Möglichkeit der Beschlussfassung in Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz aus. Auch WebEX– Meetings oder Skype sollen genutzt werden können. Das gelte sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch eine virtuelle Betriebsratssitzung.
Dritte sollten keinen Zugang haben, um den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zu wahren. Darauf ist bei der Teilnahme zu Hause zu achten.
Mangels handschriftlicher Teilnahmeliste ist die Teilnahme dem Betriebsratsvorsitzenden in Textform, also per E-Mail zu bestätigen.
BMAS (entnommen der pdf-Erklärung) wörtlich:
„Die Beschlüsse, die in einer solchen Sitzung gefasst werden, sind nach unserer Auffassung wirksam. Weil es eine handschriftlich unterzeichnete Anwesenheitsliste in solch einem Fall nicht geben kann, sollte die Teilnahme gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden in Textform, also zum Beispiel per E-Mail bestätigt werden.
Auch bei einer Video- oder Telefonkonferenz muss der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit gewahrt bleiben. Es ist also sicherzustellen, dass unberechtigte Dritte an der Sitzung nicht teilnehmen.
Bitte nutzen Sie die Möglichkeit der Video- und Telefonkonferenz verantwortungsvoll und vor allem: bleiben Sie gesund!“
https://www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/arbeit-der-betriebsraete-unterstuetzen.html
Gesetzesdurchbrechende Exekutivauslegung, richtig, aber methodisch etwas Neues.
Nachtrag 28.3.2020: Der BMAS kann sich zur Unterstützung auf prominente Literaturstimmen berufen:
- Thüsing/Beden, BB 2019, 372, 374 erachten die Betriebsratssitzung per Videokonferenz (nicht die per Telefonkonferenz) schon im Regel- bzw. Normalfall mit den Vorgaben aus § 33 Abs. 1 Satz1 1 BetrVG vereinbar, wobei Vorkehrungen zur Wahrung des Nichtöffentlichkeitsgrundsatzes gem. § 30 Satz 4 BetrVG getroffen werden müssen. Ein Vorschlag für eine dementsprechende Geschäftsordnung findet sich aaO, 377.
- Fitting, BetrVG,  30. Aufl. 2020, § 33 Rn. 21c lässt Ausnahmen für „schwierigste Bedingungen“ zu. Die haben wir leider. Fitting, aaO,  Rn. 21d weist auf die Sonderregelung des § 41a ABS. 2 Nr. 1 und 2 EBRG für Seeleute, die Mitglieder des BVG oder EBR sind, hin. Danach ist die  Teilnahme an Sitzungen des EBR „mittels neuer Informations- und Kommunikationstechnologien“ möglich. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit muss sichergestellt werden (§ 41a Abs. 2 Nr. 2 EBRG). Das gilt m.E. entsprechend in der Pandemiesituation.
- Auf Fitting weist – sonst den Meinungstand referierend – DKW-Wedde, BetrVG, 17. Aufl. 2020, § 33, Rn. 11 (dort in Fn. 41) hin.
- Zurückhaltend Fuhlrott/Fischer, NZA 2020, 345, 349, die aber auf § 41a Abs. 2 EBRG hinweisen.
Ein Kommentar
Der Ausschuss Arbeitsrecht des DAV und der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV haben in ihrer gestern übermittelten Stellungnahme richtigerweise eine Änderung des BetrVG insoweit angeregt. Es bleibt abzuwarten, ob das BMAS diesen Vorschlag übernimmt bzw. eine Formulierungshilfe an die Fraktionen der Großen Koalition erstellt.