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ArbRB-Blog

„Infiziert“ Corona unser Arbeitsrecht? – Beispiel Kündigungsrecht

avatar  Wienhold Schulte
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Unsere Grundrechte sind zum Gesundheitsschutz vor einer Corona-Infektion weitgehend und beispiellos radikal eingeschränkt. Niemand bestreitet zwar ernsthaft Sinn und Notwendigkeit  dieser administrativen Maßnahmen. Trotzdem kann man schon von einer Art „Infektion“ der tragenden Säulen unseres Rechtsstaats sprechen – in der Hoffnung auf eine baldige Rekonvaleszenz.

Die Frage, ob und inwiefern das Arbeitsrecht ebenso in diesen „Sog“ eingeschränkter Rechte gerät, also quasi  „infiziert“ wird, lässt sich beispielhaft im Kündigungsrecht prüfen und beantworten.

Der Gesetzgeber leistet zwar wirtschaftliche Sofort- und Nothilfe, erweitert die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen der Kurzarbeit (vgl. dazu die jüngsten Blog-Beiträge, vor allem von Detlef Grimm), schafft aber keine arbeitsrechtlichen Ausnahmen vom gesetzlichen Kündigungsschutz.

Ausgehend von der noch ungelösten Frage, wie mit Beschäftigten umzugehen ist, die sich einer individuellen Vereinbarung über Kurzarbeit als eine der Voraussetzungen für das KUG verweigern und bei denen kollektivrechtliche Regelungen nicht in Betracht kommen, denkt man an Alternativen, denn Arbeitende sind zur Unterschrift nicht verpflichtet. Ihnen eine Kündigung anzudrohen, könnte als Maßregelung angesehen werden und eine Kündigung gem. § 612a BGB unwirksam machen.

Betriebsbedingte Kündigung und Kurzarbeit scheinen einander auszuschließen. Kurzarbeit kommt nur bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall in Betracht, die betriebsbedingte Kündigung setzt den endgültigen Wegfall des Arbeitsplatzes voraus.

Stellt sich jedoch heraus, dass nach Anordnung der Kurzarbeit der Arbeitsausfall nicht nur vorübergehend entsteht, sondern die Beschäftigungsmöglichkeit auf dem konkreten Arbeitsplatz endgültig wegfällt, kann eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht kommen (vgl. BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10,  ArbRB 2012/299,Trebeck;vgl.auch Bonnani/Ludwig ArbRB 2013,29; ferner Moderegger ArbRB 2019/54), natürlich erst nach einer nachvollziehbaren  Sozialauswahl. Allerdings muss der Arbeitgeber das sich aus der Kurzarbeit ergebende Indiz für einen nur vorübergehenden Arbeitsausfall durch detaillierten Sachvortrag zur organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit widerlegen. Dazu das folgende aktuelle Beispiel:

Ein mittelständischer Einzelhändler (non-food) mit bundesweiten Filialen stellt nach unternehmensweiter Anordnung  von Kurzarbeit nach einer Woche (!) fest, dass seine vor sechs Monaten eröffnete Filiale in Hamburg wegen der aktuellen Schließung nicht mehr rentabel werden kann, weil die in der Anlaufphase einkalkulierten Verluste nicht aufgefangen werden können. Er will die Filiale wieder schließen.

Allen dort Beschäftigten kann wegen der endgültigen Schließung betriebsbedingt gekündigt werden, auch wenn zunächst  Kurzarbeit angeordnet und Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Wenn die Kündigungen ausgesprochen sind, entfallen allerdings die persönlichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld, §§ 95 S.1  Ziff.2, 98 Abs.1 v Ziff.2 SGB III. Arbeitgeber werden deshalb prüfen, was für sie „unter dem Strich“ günstiger sein wird, auch mit Blick auf Probezeitkündigungen mit idR. kurzen Fristen.

Also können wir auch in der jetzigen Ausnahme-Situation „vertraute“ Instrumente nutzen. Von einer „Infektion“ des Arbeitsrechts kann  keine Rede sein.

 

 

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