Stand jetzt (13.04.2021, nach dem Kabinettsbeschluss der BReg, dazu die Pressemitteilung des BMAS vom 13.4.2021 sowie der Blog meines Kollegen Dr. Freh vom 13.4.2021) wird ab nächster Woche eine arbeitsschutzrechtliche Pflicht des Arbeitgebers, Testangebote zu unterbreiten, bestehen. Nach Pressemeldungen gibt es weder eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Durchführung des Tests noch eine Dokumentationspflicht.
Auch der ursprüngliche Referentenentwurf der Bundesregierung der Corona-ArbschV aus Januar 2021 enthielt nur die Verpflichtung des Arbeitgebers zum Angebot eines Corona-Tests. Gem. § 5 des Referentenentwurfes vom 18.1.2021 sollte der Arbeitgeber bestimmten Beschäftigtengruppen einmal wöchentlich Antigen-Schnelltests anbieten (dazu mein Blog vom 20.1.2021).
Eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, die Testung durchzuführen, wurde gesetzestechnisch nicht aufgenommen, obgleich Seite 11 der Begründung zum Verordnungsentwurf vom 18.01.2021 ausgeführt hatte: „Eine Testung ist das einzige Mittel, um auch symptomlose, aber dennoch infektiöse Beschäftigte identifizieren zu können.“ Wohlgemerkt: „das einzige Mittel“ ! Auf Seite 12 wurde demgegenüber herausgestellt: „Zu beachten ist insbesondere, dass eine Nichtteilnahme am Test keine negativen Auswirkungen für die Beschäftigten haben darf und solche auch nicht in Aussicht gestellt werden dürfen.“
Im aktuellen RegE zur Einfügung des neuen § 5 Corona-ArbeitsschutzVO heisst es auf Seite 6 :
„Um das Infektionsrisiko bestmöglich einzudämmen, ist es daher erforderlich, möglichst viele der im Betrieb anwesenden Beschäftigten, regelmäßig zu testen. Dadurch können gerade auch symptomfreie Beschäftigte identifiziert werden, die mit SARS-CoV-2 infiziert und dadurch möglicherweise ansteckend sind. Ein frühzeitiges Erkennen dieser Beschäftigten kann mögliche Infektionsketten im Betrieb rasch unterbrechen.“
Auf Seite 9 wird formuliert:
„Die Vorschrift reagiert auf das gegenwärtig auch im betrieblichen Rahmen erhöhte Infektionsrisiko durch die gefährlichen SARS-CoV-2 Varianten. Sie regelt das verpflichtende Angebot von Tests zum direkten Erregernachweis von SARS-CoV-2 durch die Betriebe mit dem Ziel, den Arbeitgebern und den Beschäftigten mehr Sicherheit im Wege der Früherkennung zu geben und eine Ausbreitung von Infektionen im Betrieb zu verhindern. Das Testen ermöglicht eine schnelle Erfassung von infizierten Personen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine frühzeitige Unterbrechung von Infektionsketten, erhöht den Schutz der Beschäftigten und dient der Aufrechterhaltung des Arbeits- und Wirtschaftslebens. Mittelbar profitiert auch der Bevölkerungsschutz.“
Wie stimmig ist diese Interessenabwägung des Gesetzgebers, eine Pflicht der Arbeitnehmer zur Durchführung des Tests abzulehnen, angesichts der Infektionslage und herausgestellten Zweckmäßigkeit der Testung am Arbeitsplatz?
Individualarbeitsrechtliche begründete Testpflicht
Das macht die Ãœberlegung notwendig, ob sich aus allgemeinen Arbeitsrechtsregeln eine Testpflicht ergibt.
Arbeitsrechtliche Rechtsprechung und Literatur haben ähnliches in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Pflicht des Arbeitnehmers zur Durchführung bzw. Duldung einer Gesundheitsuntersuchung diskutiert. Das betrifft insbesondere Eignungsuntersuchungen, die anlasslos oder nach Verdachtsmomenten, der Beschäftigte sei zur Durchführung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht mehr geeignet, durchgeführt werden. Fragen der Testpflicht im Zusammenhang mit Corona sind noch völlig unerörtert.
Anknüpfungspunkt kann die „allgemeine Treuepflicht“, also die Nebenpflicht auf Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gem. § 611 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB sein. Die Rechtsprechung des BAG bejahte eine Pflicht zur Duldung einer Eignungsuntersuchung aus der allgemeinen Treuepflicht des Beschäftigten in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, dass bei dem Beschäftigten ein fortdauernder Eignungsmangel für die von ihm ausgeübte Tätigkeit besteht (BAG v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99, NZA 1999, 1209 = ArbRB online). Diese Anspruchsgrundlage kommt immer in Betracht, wenn – was fast immer der Fall ist – keine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen besteht. Nebenbei: Solche arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zur Gesundheitsuntersuchung sind mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer auch nicht schrankenlos gültig.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der „tatsächlichen Anhaltspunkte“ wird nicht durch jede beliebige Fehlleistung oder Auffälligkeit erfüllt. Es müssen relevante und erhebliche Umstände sein, die gesichert sind, wie etwa der Zuckerschock eines an Diabetes erkrankten LKW-Fahrers oder wiederholtes verkehrswidrigen Verhaltens eines Omnibusfahrers, Atemnot eines Feuerwehrmanns bei einer Einsatzübung, Epilepsieanfall eines Staplerfahrers, Zuckerschock eines Kranfahrers, Schwindelanfall eines Gerüstmannes etc. (zu diesen Fallgruppen Behrens, NZA 2014, 401, 404). Bloße Vermutungen reichen nicht. Aus dem Dargestellten wird deutlich, dass bei diesem hohen Maßstab gegenwärtig trotz der hohen Inzidenz nur im Ausnahmefall eine Verpflichtung zur Durchführung eines Corona-(Schnell-)Tests bestehen dürfte, etwa bei Hustensymptomen. Das Problem der vorbeugenden Erkennung symptomloser Infektionen wird nicht erfasst.
Andere, auch das BAG selbst in einem Urteil vom 06.11.1997 – 2 AZR 801/96, NZA 1998, 326, 327 = ArbRB online (berichtend dazu Staudinger/Richardi/Fischinger, Bearbeitung 2020, § 611a BGB, Rn. 1299; ErfK-Preis, 21. Aufl. 2021, § 611a BGB, Rn. 746) sind großzügiger. Das BAG ist in dieser Entscheidung der Auffassung, dass bei Vorliegen eines berechtigten Interesses der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung seines Gesundheitszustandes aus der allgemeinen Treuepflicht heraus dulden muss.
Ein Hinweis zur Bewertung von Gesundheitsuntersuchungen bzw. zu berechtigten Interessen des Arbeitgebers findet sich bei Preis/Schneider, Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020, II G 30, Rz. 46 im Kontext zu §§ 26 Abs. 1 Satz1, Abs. 3 BDGB: „Diese sind zu bejahen, wenn es sich um ansteckende Krankheiten handelt oder um Krankheiten, die die Arbeitssicherheit in anderer Weise gefährden.“
Auch die Literaturmeinungen (also Staudinger/Richardi/Fischinger und Preis a.a.O.) verpflichten den Arbeitnehmer zur Durchführung bzw. Duldung einer ärztlichen Untersuchung, wenn eine Abwägung ergibt, dass das Interesse des Arbeitsgebers an der Untersuchung die Beschränkungen der körperlichen Unversehrtheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers überwiegt.
Ein maßgeblicher Faktor im Rahmen dieser Abwägung der widerstreitenden Interessen ist die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit des Arbeitnehmers, worauf Staudinger/Richardi/Fischinger, a.a.O. hinweisen. Je größer die Gefahr, dass der Arbeitnehmer in Erfüllung der Arbeitspflicht den Arbeitgeber, Kollegen oder Dritte (also z.B. Kunden) schädigt, umso eher wird man eine Pflicht zur Hinnahme der Untersuchung annehmen können (so hat dies das LAG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 29.03.2010 – 3 Sa 714/09, ArbRB online, für einen Gefahrgut-LKW-Fahrer entschieden). Es hängt also viel von den Gegebenheiten des Betriebs und dessen Belegschaft ab (so für den Fall einer Anordnung eines Corona PCR-Tests in einem Produktionsbetrieb das Arbeitsgericht Offenbach in einem einstweiligen Verfügungsverfahren – Beschluss vom 04.02.2021, Az. 4 Ga 1/21, ArbRB online).
Ãœberträgt man diese Grundsätze, ist zunächst hinsichtlich der Bewertung der Art des Eingriffs festzustellen, dass beim Corona-Schnelltest kein Blut abgenommen wird und keine anderweitige körperliche Verletzung stattfindet. Es wird lediglich die ca. 3 Sekunden dauernde „Prüfung“ des Nasenlochs mit den Teststäbchen durchgeführt. Eine Situation, die nicht angenehm ist, aber mit einer Blutentnahme oder einer üblichen Gesundheitsuntersuchung – wie sie Gegenstand der bisherigen Bewertungen war –  nicht zu vergleichen ist.
Auf der anderen Seite sieht sich jeder Arbeitgeber gegenwärtig mit steigenden Infektionszahlen konfrontiert. Erklärte Mittel der Bekämpfung der Corona-Pandemie sind Impfungen und vorgelagert – bis die genügenden Mengen an Impfungen stattgefunden haben – Teststrategien, um symptomlose Corona-Infektionen, die zu einer Verbreitung der Pandemie führen können, zu erkennen und die Schädigungen an Rechtsgütern anderer (Kollegen, Dritter) zukünftig zu vermeiden.
Gegenüber anderen Arbeitnehmern im Betrieb hat der Arbeitgeber die Verpflichtung, deren Gesundheit zu schützen (normiert in §§ 241 Abs. 2, 618 BGB, § 3 ArbSchG i.V.m. den besonderen Corona-Arbeitsschutz-Regelungen). Diese Verpflichtungen bestehen auch gegenüber Dritten, die mit dem Betrieb oder dem sonstigen vom Arbeitgeber eröffneten Geschäftsverkehr in Kontakt gelangen, beispielsweise Kunden. Hier handelt es sich um eine Nebenpflicht aus dem jeweils zugrunde liegenden Vertragsverhältnis (also wiederum um eine aus § 241 Abs. 2 BGB abgeleitete Nebenpflicht).
Das Arbeitsgericht Offenbach führt im Beschluss vom 04.02.2021, Az. 4 Ga 1/21, Rz. 28, ArbRB online, dazu aus, dass die für die Testung angeführten Gründe des Gesundheitsschutzes beachtlich sind und die Beeinträchtigung des Getesteten von kurzer Dauer und niedrigschwelliger Intensität ist. Mit dem Abstrich werde der Körper lediglich berührt, ohne die Substanz zu beeinträchtigen. Es sei auch nicht eindeutig feststellbar, dass andere Maßnahmen gleich geeignet seien, die erstrebten Ziele zu erreichen, zumal die bestehende epidemische Lage durch erhebliche Ungewissheiten und sich ständig weiterentwickelnde fachliche Erkenntnisse geprägt sei.
Andererseits – so das Arbeitsgericht Offenbach, a.a.O., Rz. 30 – könne schon von einzelnen nicht getesteten Personen ein Ansteckungsrisiko ausgehen. Bei einer Gegenüberstellung der wechselseitigen Interessen müsse das Interesse des Arbeitnehmers, nicht getestet zu werden, gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an der Eindämmung bzw. Kontrolle des Infektionsgeschehens im Betrieb zurücktreten. Die Nachteile des Klägers seien geringer als die potentiell höheren Nachteile, die im Fall einer Ausnahme von der Testpflicht für andere Personen eintreten können. Dabei bezieht sich das Arbeitsgericht Offenbach auch auf die Erwägungen des Beschlusses des BVerfG vom 25.08.2020 – 1 BvR 1981/20, ArbRB online, zur Zulässigkeit der Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebieten.
Bei der Anwendung des Direktionsrechts des Arbeitgebers gem. § 106 GewO, § 315 BGB, mit dem der Corona-Test angeordnet wird, muss der Arbeitgeber die Grundsätze billigen Ermessens wahren und die wesentlichen Umstände des Einzelfalles abwägen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen (statt aller Behrens, NZA 2014, 401, 405). Gegenwärtig besteht eine besonders hohe Infektionsgefahr infolge der aufgetretenen Mutanten. Die Belästigung durch den Corona-Schnelltest ist gering.
Dies ist neben dem Kabinettssbeschluss der BReg. zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 13.04.2021 z.B. auch den Anordnungen der Stadt Köln vom 12.04.2020, Zugang zu deren Dienstgebäuden nur nach Vorlage eines (negativen) Corona-Tests gestatten zu wollen, signifikant zu entnehmen.
Datenschutzrecht
Gem. § 26 Abs. 3 BDSG handelt es sich bei den Ergebnissen des Testes um besondere personenbezogene Daten (Gesundheitsdaten). Sie dürfen nur verarbeitet werden – also z.B. erhoben und dann vom Arbeitgeber zur Kenntnis genommen werden – wenn diese Verarbeitung zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und „kein Grund zur Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person den Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.“ Notwendig ist eine besondere Interessenabwägung.
Diese datenschutzrechtliche Wertung bedingt, dass die Durchführung des Tests nicht nur nützlich bzw. zweckmäßig („nice to have“) sein darf, sondern die Testerhebung und damit einhergehende Datenverarbeitung „erforderlich“ ist. Das wird man in der aktuellen Infektionslage annehmen können (dazu allgemein Preis/Schneider, Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020, II G 30, Rz. 46).
Bei der Datenverarbeitung ist die Pflicht zur Löschung gem. Art. 17 DSGVO zu beachten. Die Testergebnisse sind zu löschen, wenn ihre Verarbeitung (insbesondere Speicherung) nicht mehr erforderlich ist. Für den Bereich der Schulen wird in den maßgeblichen Verordnungen eine Aufbewahrungsfrist von zwei Wochen vorgesehen. Die Corona-Arbeitsschutzverordnung NW sieht für Handwerk, Dienstleistungsgewerbe und Heilberufe eine Aufbewahrungsfrist von Selbsttests des dort tätigen Personals für jeweils eine Woche vor (§ 12 Abs. 2 Corona-SchVO NW). Dies bedeutet, dass die Unterlagen über die (negativen) Selbsttests nach spätestens zwei Wochen zu vernichten (datenschutzrechtlich: zu löschen) sind.
Mitbestimmung des Betriebsrats
Gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bestimmt der Betriebsrat bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung mit. Betriebsvereinbarungen können zudem eine eigene Rechtfertigungsgrundlage der Anordnung einer Testpflicht sein. Im Fall des Arbeitsgerichts Offenburg hatte der Arbeitgeber diesen Weg gewählt.
Die einschlägige Formulierung lautet:
2. Corona-Schnelltests
2.1 Besteht ein begründeter Verdacht, dass sich Mitarbeiter mit dem Sars-CoV-2-Virus in dem Betrieb angesteckt haben, oder ist das Risiko, dass sich Mitarbeiter mit dem Sars-CoV-2-Virus im Betrieb anstecken könnten, deutlich erhöht, kann die Gesellschaft verlangen, dass sich alle oder einzelne Mitarbeiter vor Arbeitsbeginn einem Corona-Schnelltest unterziehen. Ein erhöhtes Risiko liegt beispielsweise vor, wenn in dem Landkreis, in dem der Betrieb liegt, nach den Veröffentlichungen des RKI im Durchschnitt von sieben Kalendertagen mehr als 200 Personen je 100.000 Einwohner dieses Landkreises mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert wurden. Man kann ebenfalls davon ausgehen, dass aufgrund erhöhter Kontaktfrequenzen während der Weihnachtsfeiertage und Silvester ein erhöhtes Risiko vorliegt. Um ausschließen zu können, dass infizierte Kollegen die Arbeit nach den Weihnachtsfeiertagen aufnehmen und andere Kollegen infizieren, haben wir uns entschieden, Schnelltests anzubieten. Aufgrund des Risikos wird eine doppelte Testung durchgeführt: der erste Test am ersten Tag der Arbeitsaufnahme nach den Feiertagen und der zweite Test 5 Tage später. Gleiches gilt für Mitarbeiter, die in 2021 aus Urlaub oder Krankenstand (ab 14 Tagen), Elternzeit etc. in den Betrieb zurückkehren.
Folgen bei Nichtdurchführung des Corona-(Schnell-)Test
Ist die Weisung an den Beschäftigten, sich des Tests zu unterziehen, rechtmäßig, kommt rechtlich die Abmahnung und im Wiederholungsfall die Kündigung in Betracht.
Praktischer erscheint es, bei der Weigerung des Beschäftigten, einer wirksamen Testanordnung zu folgen, den Zutritt zum Arbeitsplatz zu verweigern. Dies folgt aus den oben dargestellten Schutzpflichten gegenüber anderen Arbeitnehmern und Kunden, diese vor einer (unerkannten, symptomlosen) Corona-Infektion zu schützen.
Soweit die Vergütungspflicht des Arbeitgebers betroffen ist, fehlt es infolge der unterlassenen Testung und der daraus abzuleitenden Gefahren für andere Beschäftigte und Dritte an der Einsatzmöglichkeit des betroffenen Arbeitnehmers. Dies jedenfalls dann, wenn ein Einsatz im Home-Office unmöglich ist. Das Fehlen der Einsatzmöglichkeit führt dazu, dass der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfällt, weil dieser seine Arbeit nicht in der gebotenen Art und Weise, die durch die Anordnung der Testpflicht konkretisiert wird, anbietet.
Dafür bieten sich mehrere Begründungsansätze: Es liegt nach der Rspr. kein ordnungsgemäßes Angebot der Arbeitsleistung vor, wenn bei der Annahme der angebotenen Dienste (hier ohne Testung) Leib, Leben, Gesundheit des Arbeitgebers oder anderer Angehöriger des Betriebes gefährdet werden (BAG GS v. 26.4.1956 – GS 1/56, AP MuSchG § 9 Nr. 5; BAG v. 29.10.1987, NZA 1988, 465 = ArbRB online). Andere (ErfK-Preis, 21. Aufl. 2021, § 615 BGB, Rz. 63) sind der Auffassung, dass die Annahme der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber unzumutbar sein kann. Denkbar ist auch, die Parallele zu den Fallgruppen des Fehlens eines (notwendigen) Gesundheitszeugnisses oder einer fehlenden Fahr- oder Arbeitserlaubnis zu ziehen (zu diesen Fallgruppen Tschöpe/Grimm, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Aufl. 2021, Teil 2 B Rz. 21).
Allerdings gehe ich davon aus, dass die Gerichte in solchen Fällen in der Praxis sehr intensiv anderweitige Einsatzmöglichkeiten entweder im Betrieb ohne Kontakt mit anderen Arbeitnehmern oder Kunden/Dritten oder den Einsatz im Homeoffice prüfen werden. Die Darlegung- und Beweislast, dass der Arbeitnehmer nicht leistungswillig ist, liegt beim Arbeitgeber (Tschöpe/Grimm, Arbeitsrecht Handbuch, 12. Aufl. 2021, Teil 2 B Rz. 25), so dass zu erwarten ist, dass die Gerichte hier hohe Anforderungen stellen werden.
In einem einstweiligen Verfügungsverfahren hat das Arbeitsgericht Offenbach (Beschluss vom 04.02.2021 – 4 Ga 1/21, ArbRB online) entschieden, dass Arbeitnehmern, die einen Schnelltest verweigern, zulässigerweise der Zutritt zum Betrieb verwehrt werden darf. Das Arbeitsgericht hat dies neben den oben dargestellten Erwägungen zur sachlichen Begründetheit des Testverlangens auch damit begründet, dass die komplizierten Fragen rund um die Durchführung des Direktionsrechts nicht im einstweiligen Rechtsschutz, sondern im arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahren begründet werden müssen und dass deshalb die Maßnahme zunächst einmal wirksam ist. Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers als solcher werde nicht beeinträchtigt. Daher müsse der Anweisung zunächst Folge geleistet werden, zumal die Maßnahme nicht unverhältnismäßig sei und den Hinweisen des Robert-Koch-Instituts in Bezug auf symptomlose Ansteckungen entspreche.