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Der Referentenentwurf der neuen Corona-ArbSchV – Testangebotspflicht bleibt

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Im Internet kursiert der Referentenentwurf der neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV), die vom 1. Juli bis zum 30. September gelten soll. Aufgrund der rückläufigen Neuinfektionszahlen und des stetigen Impffortschritts verbleiben nur noch grundlegende Vorgaben wie Kontaktreduzierung, Testangebotspflicht sowie die Verpflichtung zur Erstellung und Aktualisierung betrieblicher Hygieneschutzkonzepte in der Corona-ArbSchV. Im Einzelnen:

  • Mittelpunkt der neuen Verordnung sind die Gefährdungsbeurteilung und das betriebliche Hygienekonzept als „sich ergänzende Bestandteile des betrieblichen Infektionsschutzes“. Arbeitgeber müssen die Gefährdungsbeurteilung i.S.v. § 5 ArbSchG laufend auf zusätzlich erforderliche Maßnahmen überprüfen und aktualisieren und auf dieser Grundlage ein Hygienekonzept festlegen und umsetzen (§ 2 Abs. 1 Corona-ArbSchV-E). Als wichtigste Grundlage für die Erstellung des Hygienekonzepts nennt die Verordnungsbegründung nach wie vor die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sowie – als branchenspezifische Konkretisierungen – die Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger.
  • Folgt aus der Gefährdungsbeurteilung, dass ein Schutz der Beschäftigten durch technische und organisatorische Schutzmaßnahmen (z.B. geringe Raumbelegung, Abstandsregelung, Aufstellen von Trennwänden) nicht ausreichend ist, sind weiterhin medizinische Gesichtsmasken zu tragen und vom Arbeitgeber bereitzustellen. Die Verordnungsbegründung nennt darüber hinaus körperlich anstrengende Tätigkeiten und Tätigkeiten, bei denen aufgrund lauter Umgebungsbedingungen lautes Sprechen erforderlich ist und daher verstärkt potentiell virenbelastete Aerosole ausgeschieden werden (§ 2 Abs. 2 Corona-ArbSchV-E).
  • Arbeitgeber müssen weiterhin alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen treffen, um betriebsbedingte Kontakte zu reduzieren. Insbesondere ist die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen auf das betriebsbedingte Minimum zu reduzieren (§ 3 Corona-ArbSchV-E).

Der derzeit noch in § 2 Abs. 2 Satz 3 Corona-ArbSchV vorhandene Hinweis, dass dies auch für Pausenbereiche gilt, ist entfallen. Da eine Unterscheidung zwischen Besprechungs- und Pausenräumen aus meiner Sicht nicht viel Sinn macht, im Gegenteil, in Pausenräumen das Ansteckungsrisiko höher sein dürfte, ist nicht auszuschließen, dass es sich um ein Redaktionsversehen handelt. Arbeitgeber sollten die Pausenraumregelungen also nicht vorschnell lockern, zumal eine Pflicht, entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen, auch aus den allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften i.V.m. mit der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel folgen kann. Zudem sind die Maßnahmen des Hygienekonzepts nach § 2 Abs. 1 Corona-ArbSchV-E ausdrücklich auch in den Pausenbereichen umzusetzen.

Die strenge Mindestflächenvorgabe von 10 qm pro Person bei gleichzeitiger Raumnutzung wird hingegen entfallen. Auch muss keine Einteilung in möglichst kleine Arbeitsgruppen mehr erfolgen. Aber auch hier gilt: Solche Regelungen können gleichwohl weiterhin sinnvoll und geboten sein.

  • Die Testangebotspflicht bleibt bestehen. Arbeitgeber müssen den Beschäftigten, die nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, also weiterhin mindestens zweimal pro Woche kostenfrei einen Corona-Test anbieten (§ 4 Abs. 1 Corona-ArbSchV-E).

Neu ist, dass Arbeitgeber im Einzelfall auf Testangebote verzichten dürfen. Ein Testangebot ist nicht erforderlich, soweit der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen einen gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherstellt oder einen bestehenden gleichwertigen Schutz nachweisen kann. Letzteres kann etwa bei vollständig geimpften oder genesenen Personen der Fall sein; dies stellt die Verordnungsbegründung ausdrücklich klar.

Oftmals werden Arbeitgeber allerdings nicht wissen, welche Arbeitnehmer geimpft oder genesen sind und es dürfte grundsätzlich auch kein dahingehender Auskunftsanspruch bestehen. Die Verordnungsbegründung stellt klar, dass durch die Verordnung auch kein neues Auskunftsrecht begründet werden soll. Denkbar wäre, dass Arbeitgeber überflüssigen Testangeboten z.B. durch einen Aufruf zur freiwilligen Mitteilung des Impfstatus begegnen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass auch ein Testangebot an vollständig Geimpfte oder Genesene im Einzelfall sinnvoll sein kann, da auch diese Personen nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft das Coronavirus übertragen können. Angesichts der vielen Lockerungen, der anstehenden Ferienzeit und der neuen Virusvarianten dürfte z.B. ein Testangebot an Reiserückkehrer durchaus sinnvoll sein.

  • Die Homeoffice-Angebotspflicht – und die Pflicht der Beschäftigten, dieses Angebot anzunehmen – folgten schon zuletzt nicht mehr aus der Corona-ArbSchV, sondern aus § 28b Abs. 7 IfSG. Auch diese Regelung läuft jedoch zum 30. Juni 2021 – gemeinsam mit den weiteren Regelungen der „Bundesnotbremse“ – aus.

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