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ArbRB-Blog

Erste Entscheidungen der Arbeitsgerichte zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht

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Im April haben sich Arbeitsgerichte – soweit ersichtlich – erstmalig mit der seit dem 16. März 2022 geltenden „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ beschäftigt (einen Überblick zu der gesetzlichen Regelung finden Sie in meinem Blog-Beitrag vom 17. Februar 2022). Die Entscheidungen sind aus Arbeitgebersicht erfreulich.

So hat das Arbeitsgericht Lübeck über die Kündigung einer Krankenschwester entschieden, die eine aus dem Internet heruntergeladene Bescheinigung über eine „vorläufige Impfunfähigkeit“ vorgelegt hatte (Az. 5 Ca 189/22). Diese Bescheinigung enthielt zwar die Unterschrift einer Ärztin aus Süddeutschland, war jedoch ohne eine vorhergehende Besprechung mit der Ärztin oder gar Untersuchung ausgestellt worden. Die Beklagte hatte daraufhin das Gesundheitsamt informiert und der Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt. Die Klägerin argumentierte im Prozess u.a. damit, dass das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung hätte anordnen können; weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen seitens der Arbeitgeberin schlösse § 20a IfSG jedoch aus.

Das Arbeitsgericht ist dem nicht gefolgt und hat die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung wegen der schweren Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht für wirksam erachtet. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen; das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit sei endgültig zerstört. Die außerordentliche Kündigung hingegen sei angesichts der sehr langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin, die seit 2001 in der beklagten Klinik beschäftigt war, unwirksam.

Einzelheiten zur Ausgestaltung der ärztlichen Bescheinigung sind nicht bekannt. Bislang liegt nur eine Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Lübeck zu der Entscheidung vor (hier abrufbar). Das Bundesgesundheitsministerium verweist in seinen FAQs zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht (hier abrufbar) auf aktuelle Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte NRW und Thüringen zur Masernimpfflicht. Danach muss das ärztliche Zeugnis wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf seine Plausibilität zu überprüfen. Die Angabe des konkreten medizinischen Grundes ist hingegen nicht erforderlich.

Im dem vom Arbeitsgericht Lübeck entschiedenen Fall ist die beklagte Klinik grundsätzlich verpflichtet, die Krankenschwester bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, 31. Juli 2022, weiterzubeschäftigen. Dies ist jedoch keineswegs zwingend, wie ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht Gießen verdeutlicht (Az. 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22, ebenfalls nur als Pressemitteilung hier abrufbar). Das Arbeitgericht hat die Anträge eines Wohnbereichsleiters und einer Pflegekraft auf Erlass einstweiliger Verfügungen, gerichtet auf vertragsgemäße Beschäftigung in einem Seniorenheim, zurückgewiesen. Beide Arbeitnehmer sind nicht gegen das Coronavirus geimpft und waren daher ab dem 16. März 2022 ohne Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung freigestellt worden. § 20a Abs. 3 Satz 4 IfSG, so das Arbeitsgericht, sehe zwar unmittelbar nur ein Beschäftigungsverbot für ab dem 16. März 2022 neu eingestellte Personen vor. Dies schließe jedoch nicht aus, dass Arbeitgeber auch bereits beschäftigte Arbeitnehmer, die weder geimpft noch genesen seien und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nicht nachkommen, mit Blick auf die gesetzlichen Wertungen des § 20a IfSG freistellen dürften. Das Interesse der Bewohner/innen des Seniorenheims an deren Gesundheitsschutz überwiege im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse der Arbeitnehmer an der Ausübung ihrer Tätigkeit. Dieselbe Argumentation ist auch im Fall einer Krankenschwester denkbar, die täglich mit (teils schwer) erkrankten Personen unmittelbar in Kontakt kommt.

Über die Frage, ob die Vergütung für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen ist, hatte das Arbeitsgericht Gießen nicht zu entscheiden. Insoweit gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Der Arbeitgeber gerät auch nicht in Annahmeverzug, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nicht vertragsgemäß anbieten, weil sie – entgegen § 20a IfSG – weder geimpft oder genesen sind noch ein hinreichendes ärztliches Zeugnis über ihre „Impfunfähigkeit“ vorlegen.

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Literatur-Tipp der Redaktion:

Oberthür, Arbeitsrechtliche Aspekte der einrichtungsbezogenen Impfpflicht – Was gilt für eigene Beschäftigte und Arbeitnehmer von Drittunternehmen?, ArbRB 2022, 80, gratis abrufbar im Datenbank-Test.

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