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Der Preis ist kalt für die Ausgleichsquittung

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Bekannterweise stehen Ausgleichsquittungen („alle Ansprüche zwischen den Parteien gleich aus welchem Rechtsgrund sind mit der Erfüllung dieses Vergleichs/dieser Vereinbarung erledigt“) schon seit langem auf dem Prüfstand der Inhaltskontrolle und erst recht der AGB-Kontrolle. Dies wird nun auch ganz h.M. der Rechtsprechung, wie ein aktuelles und zutreffendes Urteil des LAG Schleswig-Holstein v. 24.09.2013 – Az. 1 Sa 61/13 – zur beiderseitigen Ausgleichsquittung zeigt.

Preis (ErfK-Preis, 14. Aufl. 2014, §§ 305 bis 310 BGB, Rz. 77) hatte unter Bezugnahme auf frühere Veröffentlichungen herausgearbeitet, dass Ausgleichsquittungen als Teil eines Aufhebungsvertrages nicht kontrollfreie Haupt-, sondern kontrollfähige Nebenabreden sind. Dann, wenn sie nur Ansprüche des Arbeitnehmers, die erledigt sein sollen, erfassen (und das auch sonst ohne eine entsprechende Gegenleistung des Arbeitgebers erfolgt), sind sie in jedem Fall unangemessen benachteiligend  und unwirksam (so das BAG im Urteil v. 21.06.2011, NZA 2011, 1136; referierend und insoweit zustimmend HWK-Gotthardt, 5. Aufl. 2012, Anhang zu §§ 305 bis 310 BGB, Rz. 58). Den Umfang , die Gestaltung und Auslegung von Ausgleichsquittungen soweit die weiteren Anforderungen an die wirksame Ausgestaltung erörtern übrigens Bauer/Krieger/Arnold in der druckfrischen 9. Aufl. 2014 des früher von Bauer alleinig geschriebenen Werkes „Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge“ unter Rz. C. 456 ff.. Bei der Gestaltung sehr zu empfehlen, auch wenn in Rz. C 489f. eine etwas andere Auffassung als vom LAG Schleswig-Holstein vertreten wird.

Das BAG hatte auch den formularmäßigen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung als unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bewertet und als unwirksam angesehen (BAG v. 06.09.2007 – 2 AZR 722/06). Zustimmend dazu Tschöpe-Schulte, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2013, Teil 3 C, Rz. 22, 23, der von der Verwendung solcher Ausgleichsquittungen in Bezug auf die Kündigung abrät und diese als unangemessen und folglich unwirksam ansieht.

Verschiedene Landesarbeitsgerichte hatten in der Vergangenheit entschieden, dass Ausgleichsquittungen unangemessen benachteiligen, wenn der Arbeitgeber keine adäquate Kompensation für den Verzicht des Arbeitnehmers auf die Geltendmachung von Ansprüchen gewährt. So z.B. das LAG Schleswig-Holstein im Urteil v. 24.09.2003, 3 Sa 6/03, NZA-RR 2004, 74; LAG Düsseldorf Urteil v. 13.04.2005 – 12 Sa 154/05, DB 2005, 1463. Am Urteil des LAG Düsseldorf ist der zusätzliche Hinweis, dass die Ausgleichsquittung im Hinblick auf das Erscheinungsbild –  sie sind weit verbreitet und deshalb wohl nicht inhaltlich überraschend – eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 2 BGB darstellen kann, besonders interessant.

Ganz erhebliche Zweifel sind schon seit längerem aufgeworfen worden, ob der beiderseitige Verzicht auf gegenseitige Ansprüche – also auch derjenigen des Arbeitgebers – dazu führt, dass eine kompensatorische Gegenleistung vorliegt und dann Ausgleichsquittungen, die in der schuldrechtlichen Kategorisierung eine konstitutives negatives Schuldanerkenntnis darstellen, unwirksam sind.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Ausgleichsquittungen sind – so eine neuere Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 24.09.2013 – 1 Sa 61/13)  – unwirksam. Und zwar auch dann, wenn sich der Arbeitgeber seinerseits zum Verzicht auf etwaige Ansprüche gegen den Arbeitnehmer bereit erklärt. Ein beiderseitiger Anspruchsverzicht sei keine solche kompensatorische Gegenleistung, weil es sich in der Praxis um einen „eher theoretischen Verzicht“ des Arbeitgebers auf seine Ansprüche handele. Dies gilt insbesondere, weil der Arbeitgeber regelmäßig vor Abschluss einer solchen Quittung seine Ansprüche geprüft haben dürfte. Der Leitsatz des LAG Schleswig-Holstein lautet:

Ein in einer Generalquittung anlässlich einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarter beidseitiger Verzicht auf Ansprüche „gleich aus welchem Rechtsgrund“ im Rahmen eines von einem Arbeitgeber gestellten Formulars stellt typischerweise eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist nach § 307 Abs. 3 BGB unwirksam (im Anschluss an: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. V. 24.11.2011 – 5 Sa 1524/11).

Dem ist nichts hinzuzufügen außer die Bemerkung, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann der Kontrolle entzogen sind, wenn sie ernsthaft und im Einzelnen ausgehandelt worden sind und wenn sie damit eine vollständig zur Disposition beider Parteien  gestellte Klausel enthalten. Es genügt nicht, dass der Vertragsinhalt erläutert worden ist. Bei in vorformulierten Aufhebungsverträgen enthaltenen Ausgleichsquittungen wird es regelmäßig nicht so sein, dass der Arbeitnehmer real über diese verhandeln kann. Der häufige von Arbeitgebern vorgebrachte Einwand, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht entsprechende allgemeine Geschäftsbedingungen seien als Individualvereinbarung der Inhaltskontrolle entzogen, verfängt auch hier nicht. Anders kann das sein, wenn der Arbeitnehmeranwalt eine Ausgleichsquittung vorschlägt, aber dann ist beim Arbeitgeber höchster Alarm und die Einschaltung der Revision geboten, oder?

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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