Eine Arbeitsvergütung von nicht einmal 2 Euro brutto pro Stunde bewegt sich in Deutschland auf einem Niveau, das außerhalb eines jeden Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung steht. Sie entwertet die menschliche Arbeitsleistung und birgt objektiv deren Geringschätzung in sich, die ein menschenwürdiges Dasein des arbeitenden Menschen und dessen Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit negiert. Dieser Aussage der 13. Kammer des ArbG Cottbus (Urt. v. 9.4.2014 – 13 Ca 10477 und 10478/13) wird wohl niemand widersprechen wollen.
Davon geht auch das Jobcenter Oberspreewald/Lausitz aus, das gegen beide Urteile Berufung eingelegt hat. Es klagt aus übergegangenem Recht von zwei langzeitarbeitslosen, körperlich behinderten Hilfeempfängern. Diesen hatte der Beklagte ermöglicht, ein berufsförderndes Praktikum abzuleisten, was zum Inhalt ihrer berufsfördernden Weiterbildungsmaßnahme bei einem „Wirtschaftsinstitut“ gehörte. Nach Beendigung dieses Praktikums baten sie den Beklagten darum, sich bei ihm mit Bürotätigkeiten 100 Euro hinzuverdienen zu können, was ihnen vom Beklagten gewährt wurde.
Dem Beklagten ist es gelungen, die durch das grobe Missverhältnis indizierte (BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 268/11, ArbRB 2012, 265 = ArbRB online) verwerfliche Gesinnung, die in der Formulierung in § 138 Abs. 2 BGB „…unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen, sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt“ zum Ausdruck kommt, zu widerlegen. Er beschäftigte in seiner Kanzlei genug Personal und wollte den beiden Langzeitarbeitslosen etwas Gutes tun. Alle wussten, dass sie nur begrenzt anrechnungsfrei hinzuverdienen konnten. Das ArbG sieht darin zwar gewisse Züge eines Vertrages zu Lasten Dritter, ist jedoch der Ansicht des Jobcenters nicht gefolgt, dass der Beklagte wegen nichtiger Vergütungsvereinbarung den üblichen Lohn zu zahlen hat. Bedenkt man, dass das BAG die Unentgeltlichkeit einer ehrenamtlichen Tätigkeit als Indiz ansieht, das gegen ein Arbeitsverhältnis spricht (BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 499/11, ArbRB online), kann dem ArbG Cottbus gefolgt werden. Der Fall, den das LAG Berlin-Brandenburg entscheiden muss, zeigt, wie schwer es von außen ist, die Gesinnung anderer, nicht nur aber vor allem des Arbeitgebers, zu prüfen. Das ArbG Cottbus hat die wesentlichen Umstände lebensnah gewürdigt.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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