Nach den für den öffentlichen Dienst geltende Tarifverträgen verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.
Das Hessische LAG hat entschieden, dass es zum einen möglich ist, bereits entstandene Ansprüche schon vor ihrer Fälligkeit wirksam geltend zu machen, dass jedoch die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein müssen, weil anderenfalls noch kein Anspruch vorliegt, der geltend gemacht werden könnte, und das Verfallen eines Anspruchs, nämlich das Untergehen oder Erlöschen, vor seinem Entstehen nicht möglich ist. Zum anderen liegt nach Ansicht des Hessischen LAG „derselbe Sachverhalt“ nur dann vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind (Urteil v. 9.4.2014 – 2 Sa 1243/13, ArbRB online).
Die Revision wurde zugelassen. Der 10. Senat des BAG ist, was das LAG gesehen hat, etwas großzügiger: Erstens soll eine tarifliche Ausschlussfrist ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Entstehung gewahrt werden können, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist (BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 863/11 = ArbRB 2013, 143 [Schäder]). Zweitens soll derselbe Sachverhalt iSd. § 70 S. 2 BAT auch dann vorliegen, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand unterschiedliche Ansprüche (laufende Vergütung und Zuwendung) herzuleiten sind (BAG v . 19.2.2014 – 10 AZR 620/13, ArbRB online). Keines der berufsrichterlichen Mitglieder, die an diesen Entscheidungen mitgewirkt haben, ist noch im Amt. Es bleibt daher abzuwarten, wie der „neue“ 10. Senat diese Fragen entscheidet.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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