Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung steht auf einem sicheren rechtlichen Fundament. Sie entspricht einer allgemein üblichen Praxis des Arbeitslebens. Allgemeine zivilrechtlich begründete Zweifel an der Wirksamkeit einer Dienstwagenüberlassungsvereinbarung in einem wirksam geschlossenen Arbeitsvertrag bestehen nicht. Soweit sich der Staat zulässigerweise zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben privatrechtlicher Gestaltungsmittel bedient, folgen die Rechte und Pflichten aus dem Privatrecht (mit Ausnahme seiner über die Drittwirkung hinaus regelmäßig bestehen bleibenden Grundrechtsbindung).
Gestützt auf eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag hat ein in der dritten Führungsebene beschäftigter Leiter Systemtechnik/Produktionsmanagement & Bestandsschutzmanagement obsiegt: Neben dem Gehalt von 5.800,00 € steht ihm ein Mittelklassewagen zum privaten Gebrauch zur Verfügung (bislang war dies ein Opel Insignia Sports Tourer zum Anschaffungspreis von 45.255,00 € mit einem monatlichen Wert von 452,00 €). Die beklagte GmbH betreibt ein Rechenzentrum mit der Maßgabe, auf einheitliche Lösungen und Strukturen in der Informationstechnik hinzuwirken und damit die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Einsatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung zu steigern (LAG Hamburg vom 14.1.2015 – 5 Sa 42/14, ArbRB online).
Hat man erst einmal ein sicheres rechtliches Fundament gefunden oder errichtet, ist alles ganz klar und fällt es einem wie Schuppen von den Augen! Was aber, wenn die Sirenen rufen und man als Arbeitsgericht zwischen Skylla und Charybdis einen Weg zu finden, sprich: neben zivilrechtlichen auch öffentlich-rechtliche Fragen zu beantworten hat? Trifft es zu, dass die Rechtsform des Arbeitgebers von öffentlich-rechtlichen Bindungen befreit? Wohl nicht, aber ein Verstoß gegen das allgemeine haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit führt noch nicht zur Unwirksamkeit entgegenstehender Vereinbarungen. Unterliegt ein privatrechtlicher Träger, der in den Formen des Privatrechts handelt, nur zivilrechtlichen Bindungen? Wohl nicht, denn auch öffentlich-rechtliche Gesetze im formellen Sinn können, wie das LAG Hamburg zutreffend erkennt, ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB sein. Privatrechtlich gebe es kein „Besserstellungsverbot“, dies ergebe sich bei beiderseitiger Tarifbindung aus § 4 Abs. 3 TVG, meint das LAG Hamburg keck. Richtig, das Besserstellungsverbot ist nicht im Privatrecht, sondern im öffentlichen Haushaltsrecht verankert; aber folgt daraus, dass es im Zivilrecht per se unbeachtlich wäre? Ein Tarifvertrag und beiderseitige Tarifgebundenheit spielten – nota bene – im vorliegenden Fall keine Rolle.
Weniger das Ergebnis, sondern vor allem die Methode des LAG Hamburg führt zu Unmut. Besteht nicht an ein Berufungsgericht, sozusagen der zweiten Führungsebene der Arbeitsgerichtsbarkeit, die Erwartung, dass in den Gründen seiner Entscheidungen primär seine Bindung an Gesetz und Recht und die Beherrschung der klassischen Auslegungsmethoden hervorstechen und seine Kenntnis der Sekundärliteratur nur zur Unterfütterung der so gewonnenen Erkenntnisse dienen und nicht als fulminanter Auftakt mit Platitüden? Gesellschafter der beklagten GmbH sind (mittelbar) verschiedene öffentlich-rechtliche Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die der Aufsicht durch das Landesprüfungsamt für die Sozialversicherung unterliegen, das die Dienstwagenüberlassung beanstandet hatte. Vermutlich nicht zu Unrecht. Jedenfalls wäre es lohnender gewesen, wenn sich das LAG Hamburg damit befasst hätte, ob § 30 Abs. 1 SGB IV, wonach die Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden dürfen, ein Verbotsgesetz ist und ob die private Nutzung eines Fahrzeugs zu diesen Verwaltungskosten zählt. Im Hinblick darauf hätte ein Vergleich mit Beschäftigten der Versicherungsträger, für die wohl Dienstwagenrichtlinien gelten, als Benchmark hilfreicher sein können, als der Blick ins Handbuch „Der Dienstwagen“. Auch wäre es als Benchmark interessant gewesen, zu fragen, warum ein Verstoß gegen ein Besserstellungsverbot eigentlich nicht zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung führen kann, so wie es das BAG für eine § 78 S. 2 BetrVG widersprechende Begünstigung bejaht (BAG vom 20.1.2010 – 7 ABR 68/08). § 30 Abs. 1 SGB IV soll, wie § 31 SGB I im Leistungsbereich, sicherstellen, dass Beiträge der Versicherten zweckentsprechend verwendet werden. Eine Auseinandersetzung mit diesen Vorschriften sucht man im Urteil leider vergeblich, wohl weil sie nicht zum Alltag des Landesarbeitsgerichts gehören. Trotz des iura novit curia tragen die Beteiligten eine gewisse Verantwortung dafür, dass das Gericht den Zugang zum Recht auch wirklich findet und sich nicht mit eher banalen Erkenntnissen selbst versperrt. Manche Rechtsformprivatisierung mag vielleicht mit dem Hintergedanken erfolgt sein, rechtliche Bindungen auf diese Weise abstreifen zu können. So einfach ist es jedoch oft nicht. Bedenklich ist jedoch, wenn die Dritte Gewalt durch scheinbar fundamentale Aussagen, die sich bei näherem Hinsehen und etwas kratzen als dünnes Eis herausstellen, dabei leichtfertig Vorschub leistet und den Eindruck erweckt, als wäre es ganz leicht, den Bindungen zu entkommen. Bleibt also nur der Regress gegen diejenigen, die auf Seiten der GmbH für den Abschluss des Vertrages mit Dienstwagenüberlassungsvereinbarung verantwortlich gezeichnet haben? Wie realistisch ist der? Wie kommt all dies bei Rentnern an, die ihre manchmal auf Hartz-IV-Niveau sich bewegende gesetzliche Rente durch Arbeit jenseits der Altersgrenze aufbessern müssen?
RA FAArbR Axel Groeger
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