Die auf einem Arbeitszeitkonto angesammelten Stunden können durch bezahlte Freizeit ausgeglichen werden. Die Festlegung des Freizeitausgleichs ist nicht nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Der Arbeitgeber kann Freizeitausgleich im Rahmen seines Direktionsrechts auch einseitig anordnen. Es handelt sich um eine Weisung zur Verteilung der Arbeitszeit iSv. § 106 S. 1 GewO. Wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Festlegung, also wenn er sein Direktionsrecht ausübt, nicht bekannt ist bzw. bekannt sein konnte, dass der Arbeitnehmer später innerhalb des festgelegten Zeitraums arbeitsunfähig wird, hat diese Entwicklung keine Auswirkungen auf die Beurteilung, ob sich der Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens gehalten hat. So hat das LAG Rheinland-Pfalz die bisherige Rechtsprechung des BAG richtig angewendet und bestätigt (LAG Rheinland-Pfalz vom 19.11.2015 – 5 Sa 342/15). Aber nicht nur die Beurteilung der Handlung des Arbeitgebers (Freistellungserklärung), sondern auch ihren Erfolg oder ihre Wirkung, nämlich die Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf bezahlte Freistellung von der Arbeit, lässt der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit unberührt.
Ganz anders hingegen beim gesetzlichen Urlaubsanspruch. Dessen Erfüllung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist. Wird er während eines gewährten Urlaubs arbeitsunfähig, kann der Urlaubsanspruch nicht (mehr) erfüllt werden. Auch wenn die Gewährung von Urlaub eine bezahlte Freistellung von der Arbeit erfordert, ist insoweit mehr erforderlich. Was ist der tiefere Grund für diese abweichende Beurteilung? Obwohl doch der Urlaubsanspruch in den letzten Jahren zunehmend eine Kommerzialisierung erfahren hat.
Nachdem ein Kampf um´s Recht im Urlaubsrecht zwischen einer Kammer des LAG Düsseldorf und dem für das Urlaubsrecht zuständigen Senat des BAG inzwischen der Vergangenheit angehört, bahnt sich ein neuer Streit an. Dieses Mal befindet sich das kleine „Gallische Dorf“ jedoch nicht am Rhein, sondern in Spree-Athen. Die 10. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg ist im Anschluss an eine Entscheidung der 21. Kammer desselben Landesarbeitsgerichts der Ansicht, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von sich aus zu erfüllen, und führt zur Begründung an, dass der Urlaub dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten diene und einen arbeitsschutzrechtlichen Charakter habe (LAG Berlin-Brandenburg vom 7.5.2015 – 10 Sa 86/15 und 10 Sa 108/15). Fragt sich jedoch, ob Arbeits- und Gesundheitsschutz ausschließlich zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zählen oder ob das Gesetz verantwortungsbewusstes Verhalten von Arbeitnehmern gegen sich selbst in gewissem Maße fördern sollte oder will.
RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
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