Die Bundesagentur für Arbeit hat am 20.03.2017 „Fachliche Weisungen“ zum AÜG erlassen. Diese gelten ab 01.04.2017. Hier ergeben sich auch für Altverträge zwei Verschärfungen, die in der betrieblichen Praxis unbedingt beachtet werden müssen. Dies betrifft das Transparenzgebot und das Konkretisierungsgebot.
1.  Gem. § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG muss der Einsatz von Leiharbeitnehmern offengelegt werden. D.h., ab dem 01.04.2017 müssen die Verträge, die den Dritteinsatz von Personal zum Gegenstand haben, als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet werden und dem Schriftformerfordernis gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG genügen. Auch für Altverträge gilt dieser Grundsatz nun ab dem 01.04.2017 ohne jede Übergangslösung, wie aus Ziffer 1.1.6.7 (Seite 20 unten) der „Fachlichen Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz“ vom 20.03.2017 deutlich wird.
Das bedeutet das Ende der sog. „Fallschirmlösung“. Bislang konnte man bei einer zu Unrecht gewählten Gestaltung als Werk- oder Dienstvertrag die negativen Folgen aus unrechtmäßiger Arbeitnehmerüberlassung vermeiden, wenn der Auftragnehmer des nur „scheinbaren“ Werk- bzw. Dienstvertrages über eine gültige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügte. Dann wurde insbesondere kein Arbeitsverhältnis zum Auftraggeber (= Entleiher) begründet.
Dieser Weg ist nun abgeschnitten: Im Vertrag müssen sich Auftraggeber und Auftragnehmer entscheiden, ob es sich um einen echten Werk– bzw. Dienstvertrag handelt oder um Arbeitnehmerüberlassung. Wählt man den Werk- bzw. Dienstvertrag muss dieser nicht nur so bezeichnet, sondern auch als echter Werk- bzw. Dienstvertrag gelebt werden. Sonst droht die Gefahr, dass wegen des Vorliegens „verdeckter“ Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zum Auftraggeber (= Entleiher) nach §§ 9, 10 AÃœG begründet wird. Auch Geldbußen drohen.
2. Praktisch wohl noch bedeutsamer ist die zweite Änderung:
Zusätzlich ist ab dem 01.04.2017 für „echte“ Arbeitnehmerüberlassungsverträge zu beachten, dass nunmehr die einzelnen Leiharbeitnehmer in ihrer Person konkretisiert werden müssen. Auch das steht in Ziffer 1.1.6.7 (Seite 20 unten) der Fachlichen Weisung. Die Konkretisierung erfolgt durch namentliche Benennung der überlassenen Person (Leiharbeitnehmer) im Ãœberlassungsvertrag oder nach § 1 Abs. 1 Satz 6 AÃœG unter Bezugnahme auf diesen Vertrag in einer gesonderten Dokumentation (= Liste). Diese Konkretisierung ist in der Vergangenheit regelmäßig unterlassen worden, weil sie gesetzlich nicht notwendig war.
Nunmehr, d.h. ab dem 01.04.2017 ist auch bei bereits bestehenden Leiharbeitsverträgen die Person des Leiharbeitnehmers namentlich zu bezeichnen. Wir gehen davon aus, dass dies in der betrieblichen Praxis häufig unterbleiben wird, weil das Leiharbeitsunternehmen und das entleihende Unternehmen die bisher gelebte Vertragspraxis der Leiharbeit „eingespielt“ fortsetzen.
Dabei kann es aber nicht bleiben: Es drohen empfindliche Sanktionen: Ein Verstoß gegen die Offenlegungspflicht kann beim Verleihunternehmen im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG berücksichtigt werden. Zusätzlich stellt dieser Verstoß eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1c und Nr. 1d, Abs. 2 und 3 AÜG dar. Daneben besteht das ernsthafte Risiko, dass ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher gem. §§ 9, 10 AÜG fingiert wird. Hier ist das letzte dogmatische Wort aber noch nicht gesprochen.
Praxistipp: Diesen Risiken gilt es vorzubeugen: Bitte benennen Sie auch in „Alt-AÜG-Verträgen“ ab dem 01.04.2017 die eingesetzten Leiharbeitnehmer namentlich. Dies kann durch eine Anlage zu diesem Vertrag geschehen. Hierzu genügt eine Bezugnahme auf den Leiharbeitsvertrag in Textform.
Dr. Detlef Grimm/Dr. Martin Brock, Fachanwälte für Arbeitsrecht, Loschelder Rechtsanwälte, Köln
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Hinweis der Redaktion: Vertiefende Informationen zum neuen AÃœG finden Sie in unserer Aufsatzsammlung zu diesem Thema.