Das LAG Baden-Württemberg hat sich im Urteil vom 06.09.2017 – 4 Sa 3/17 – damit beschäftigt, ob und inwieweit Arbeitnehmer verlangen können, grundsätzlich keine Auslandsdienstreisen absolvieren zu müssen. Die Lösung folgt daraus, ob die im Arbeitsvertrag gemäß § 611 Abs. 1 BGB versprochenen Dienste mit gelegentlichen Auslandseinsätzen verbunden sein können. Erfrischend klar formuliert das LAG: „Dies dürfte angesichts der zunehmenden Internationalisierung im Wirtschaftsleben für einen Großteil der Berufsbilder zutreffen.“
Anlass war die Klage eines seit 1980 in einem Unternehmen beschäftigten Ingenieurs. Er hatte bis 2016 nur in einem geringen Umfang Dienstreisen getätigt, meist im deutschsprachigen Ausland. Erstmalig wurde er 2016 zu Chinesischen Kunden gesandt. Dort waren – im Einzelnen ist dies strittig – die Beherbergungsbedingungen schwierig und möglicherweise auch skurril. Rechtlich vertrat der Ingenieur die Auffassung, das Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 Satz 1 GewO sei unrichtig ausgeübt worden, weil sich sein Arbeitsverhältnis nicht auf Auslandsdienstreisen erstrecke. Auch sei er der einzige Mitarbeiter der Abteilung „Elektrik-Hardware“, der für solche Dienstreisen herangezogen würde. Der beklagte Arbeitgeber ließ sich darin ein, der Ingenieur sei der Spezialist für diese Probleme und das Unternehmen habe sich den letzten Jahren zunehmend globalisiert und internationalisiert, was durch neue Kundenbeziehungen in das Ausland auch darstellbar sei. Damit wachse der Aufgabenbereich auch des Klägers.
Das LAG stellt heraus, das Direktionsrecht des Arbeitgebers sei nicht darauf beschränkt, dass dieser dem Kläger nur Inlandsarbeitseinsätze zuweisen dürfe. Man müsse unter Bezugnahme auf § 611 BGB, wonach der Arbeitsnehmer „zur Leistung der versprochenen Dienste“  verpflichtet sei, auslegen, was die versprochenen Dienste seien und ob diese „gewissermaßen ihrer Natur nach“ auch mit Auslandsdienstreisen verbunden seien.
Maßgeblich dafür sei das Berufsbild und das Tätigkeitsprofil. Bei Fahrern, Schiffs- und Flugbesatzungen oder Vertriebsmitarbeitern sei das Ergebnis ziemlich klar. Unter Bezugnahme auf Literaturstimmen (Loritz, NZA 1997, 1188,1190; Kleinebrink, ArbRB 2011, 26, 27) formuliert das LAG für die anderen Fälle wörtlich:
Angesichts der seit Jahren verstärkt zu beobachtenden Entwicklungen im Wirtschaftsleben die eine erhöhte Flexibilität erfordern und die von verstärkter internationaler Ausrichtung geprägt sind, werden jedoch auch ein Großteil der übrigen Mitarbeiter zu gelegentlichen Auslandsdienstreisen verpflichtet sein. … Dies gilt aufgrund des Wandels der Berufsbilder auch dann, wenn ein Arbeitnehmer vor vielleicht zehn Jahren oder länger noch nicht mit solchen Dienstreisen hat rechnen müssen.“
Dies bedürfe auch bei kurzen Dienstreisen keiner ergänzenden vertraglichen Vereinbarung, jedenfalls nicht bei einem Arbeitgeber, der – wie die Beklagte – Maschinen entwickele und konstruiere, die mittlerweile in die ganze Welt und auch in die Länder des Mittleren und Fernen Ostens geliefert würden. Das gelte im konkreten Fall, obgleich dies bei Beginn der Tätigkeit im Jahre 1980 bei dem beklagten Arbeitgeber noch nicht so gewesen sei.
Erfrischend klare und praktische sowie vom Verständnis für das Wirtschaftsleben getragene Ausführungen. Wir werden sehen, ob die neue Rechtsprechung des BAG (vgl. das Urteil des BAG vom 18.10.2017 – 10 AZR 330/16) zu einer Klageflut – ggf. im einstweiligen Verfügungsverfahren – führen wird, ob Auslandsdienstreisen zumutbar sind. Das BAG hat in dem genannten Urteil ja entschieden, dass ein Arbeitnehmer nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB nicht – auch nicht vorläufig – an eine Weisung des Arbeitgebers gebunden ist, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt, also die sogenannte „unbillige Weisung“ nicht akzeptieren muss. Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg gibt dem Arbeitgeber (und auch den anderen Rechtsanwendern) jedenfalls bei Auslandsdienstreisen praxisverwertbare Argumentationsleitlinien.