Die Steuerbegünstigung für Abfindungen gem. § 34 Abs. 1, Abs. 2 EStG setzt voraus, dass die Leistung „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“ gewährt wird (§ 24 Nr. 1a EStG). Das setzt weiter voraus, dass der Ausfall der Einnahmen von dritter Seite (also dem Arbeitgeber) veranlasst wurde oder der steuerpflichtige Arbeitnehmer unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand, einen Aufhebungsvertrag verbunden mit einer Abfindungszahlung abzuschließen.
Manche Finanzämter – so auch das Finanzamt Münster in dem vom BFH am 13.03.2018 entschiedenen Fall (Az. IX R 16/17) – meinen, der steuerpflichtige Arbeitnehmer müsse nachweisen, dass ihm im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme gekündigt worden wäre, und gewähren das Steuerprivileg nur in diesen Fällen.
Dem tritt erfreulicherweise der BFH in dem Urteil deutlich entgegen. Schon 2016 hatte der X. Senat des BFH (Urteil vom 23.11.2016 – X R 48/14) gezweifelt, ob an dem Erfordernis der Druck-/Zwangssituation bei Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses festzuhalten ist. Diese Frage lässt der IX. Senat offen.
Er öffnet das Tor für das Steuerprivileg für Abfindungen, indem er – entgegen dem Finanzamt – die Lebenserfahrung in seine Wertungen einfließen läßt:
„Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – wie vorliegend – im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, ist jedenfalls in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat.
Wäre das der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Veranlassung, eine Abfindung zu leisten. Stimmt der Arbeitgeber demgegenüber einer Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer zu, kann im Regelfall angenommen werden, dass dazu auch eine rechtliche Veranlassung bestand.
Insofern kann ohne weiteres auch angenommen werden, dass der Arbeitgeber zumindest auch ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte.“
Ganz wesentlich ist der nun folgende Satz (Rz. 14 bei juris):
„Dass der Arbeitnehmer unter solchen Umständen bei Abschluss des Vertrags über die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses unter einem nicht unerheblichen tatsächlichem Druck stand, bedarf dann keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr.“
Mit diesem Urteil ist die Erlangung des Steuervorteils gem. §§ 24, 34 EStG ganz beträchtlich erleichtert. Wertvoll für die Personal- und Beratungspraxis.