Nachdem der EuGH in der Entscheidung Winfried Schulte/KHS vom 22.11.2011 (C-214/10) entschieden hat, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegensteht, die für Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub einen Ãœbertragungszeitraum von 15 Monaten vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt (ArbRB 2011, 359 [Grimm]), war mit Spannung erwartet worden, ob und wann der Urlaub bei langanhaltender Arbeitsunfähigkeit erlischt, wenn außer § 7 Abs. 3 BUrlG keine einzelstaatliche Vorschrift, insbesondere kein Tarifvertrag, das Erlöschen regelt. Das BAG hat entschieden, dass bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, wonach im Fall der Ãœbertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss, unionsrechtskonform so auszulegen ist, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt (BAG vom 7.8.2012 – 9 AZR 353/10). Damit ist das BAG einmal mehr in die Rolle des „Ersatzgesetzgebers“ geschlüpft. Durchaus verständlich angesichts der Untätigkeit des Gesetzgebers in anderen Bereichen.
Gleichzeitig hat das BAG in derselben Entscheidung die umstrittene Frage geklärt, ob Arbeitnehmer auch bei einer vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit im ruhenden Arbeitsverhältnis Ansprüche auf den gesetzlichen Mindesturlaub erwerben. Es hat diese Frage bejaht und hinzugefügt, dass dies auch dann gilt, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch stehe nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.
Rechtsanwalt FA ArbR Axel Groeger, Bonn
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