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Intransparenz zweistufiger Ausschlussklauseln – Der Teufel steckt im Detail

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Wiederholt hat sich das BAG in der jüngeren Vergangenheit mit arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln auseinandergesetzt und dabei die Hürden für deren Wirksamkeit sukzessiv erhöht. Am 3.12.2019 (Az.: 9 AZR 44/19) hat sich der Neunte Senat nun noch einmal mit der Wirksamkeit einer zweistufigen Ausschlussfrist befasst und deren Intransparenz festgestellt. Der Entscheidung lag dabei hinsichtlich der zweiten Stufe folgende Formulierung zugrunde:

„(2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs dagegen, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

Nach den Feststellungen des BAG ist die zweite Stufe einer vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellten Ausschlussfristenregelung intransparent, wenn sie dem verständigen Arbeitnehmer suggeriert, er müsse den Anspruch ausnahmslos innerhalb der vorgesehenen Ausschlussfrist auch dann gerichtlich geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung des Anspruchs zugesagt oder den Anspruch anerkannt oder streitlos gestellt hat. Eine in diesem Sinne zu weit gefasste Klausel benachteilige den Vertragspartner unangemessen, weil sie nicht der wahren Rechtslage entspreche. Sie sei in rechtlicher Hinsicht irreführend und deshalb geeignet, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, sich auf seine Rechte zu berufen. Dies sei vorliegend anzunehmen, denn die in Rede stehende Klausel verlange vom Anspruchsteller ausnahmslos, den Anspruch zur Vermeidung seines Verfalls gerichtlich geltend zu machen. Eine Streichung der zweiten Alternative („oder erklärt sie sich nicht inner-halb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs dagegen“) nach dem sog. Blue-Pencil-Test unter Aufrechterhaltung der zweiten Stufe der Ausschlussfristenregelung im Übrigen scheide aus, da es sich um eine einheitliche Regelung handele, die inhaltlich nicht teilbar sei. Ausgehend hiervon sei die Regelung zur zweiten Stufe insgesamt als unwirksam anzusehen.

Auf den ersten Blick löst das Urteil mittelschweres Entsetzen aus. Hat man doch den Eindruck, dass mit dieser Entscheidung sämtliche aktuell gängigen zweistufigen Ausschlussklauseln unwirksam sind. Der Teufel steckt aber – wie so oft – im Detail. Anders als üblich enthielt die Regelung nämlich das Wörtchen „dagegen“. Die Klausel begründete eine Klageobliegenheit mithin nicht nur, wenn der Arbeitgeber als Anspruchsgegner nach erfolgter Geltendmachung schwieg. Sie bestand vielmehr selbst dann, wenn – wie vom BAG zutreffend bemängelt – der Anspruchsgegner die Erfüllung des Anspruchs zugesagt oder diesen anerkannt oder streitlos gestellt hatte. Denn auch in diesen Fällen hätte sich der Anspruchsgegner nach Geltendmachung „nicht … dagegen“ erklärt.

Erfreulicherweise stellt der Neunte Senat zugleich fest, dass die in der Praxis allgemein üblichen Formulierungen zur zweiten Stufe („wenn sich die Gegenseite innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung „nicht erklärt“) weiterhin wirksam sind, sofern eine Mindestfrist von drei Monaten für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche eingehalten ist und die Ausschlussklausel auch im Übrigen den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht. Insoweit kann also in den meisten Fällen aufgeatmet wer-den. Gleichwohl empfiehlt sich, die verwendeten Klauseln noch einmal einer genauen Prüfung zu unterziehen und die weitere Rechtsprechungsentwicklung hierzu im Auge zu behalten.

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