Sind Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist der Arbeitgeber gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement („BEM“) durchzuführen. Den Arbeitgeber trifft eine entsprechende Initiativpflicht (BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, ArbRB 2015, 198 [Jacobi]).
Das LAG Nürnberg hat jüngst entschieden, dass umgekehrt kein einklagbarer Anspruch der Arbeitnehmer auf Durchführung eines BEM existiert (Urteil vom 8.10.2020 – 5 Sa 117/20,  ArbRB 2021, 41 [Lunk]). Ein solcher Anspruch ergebe sich weder unmittelbar aus § 167 Abs. 2 SGB IX noch aus der arbeitgeberseitigen Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Während den Mitarbeitervertretungen in § 167 Abs. 2 Satz 6 SGB IX ein durchsetzbares Initiativrecht ausdrücklich zuerkannt worden sei, habe der Gesetzgeber einen Anspruch der Arbeitnehmer gerade nicht vorgesehen. In der Norm selbst seien auch keine Rechtsfolgen für den Fall vorgesehen, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachkomme. Im Übrigen seien Arbeitnehmer bei Kündigungen und Direktionsentscheidungen des Arbeitgebers dadurch hinreichend geschützt, dass eine Untätigkeit des Arbeitgebers im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt werde. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, einen solchen Anspruch aus § 241 Abs. 2 BGB herzuleiten.
Das LAG Nürnberg hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zugelassen. Denn 2014 hatte das LAG Hamm einen Anspruch auf Durchführung eines BEM aus § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 84 Abs. 2 SGB IX (der Vorgängervorschrift von § 167 Abs. 2 SGB IX) ohne nähere Begründung bejaht (Urteil vom 13.11.2014 – 15 Sa 979/14). Es ist also zu erwarten, dass das BAG diese Rechtsfrage in naher Zukunft für die Praxis entscheiden wird.