Variable Entgeltbestandteile beschäftigen die Rechtsprechung besonders seit der Schuldrechtsreform immer wieder. Das Bundesarbeitsgericht hatte mit Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 242/11, dessen Entscheidungsgründe nunmehr vorliegen, Gelegenheit, sich mit einigen wichtigen Fragen zu beschäftigen. Zunächst lässt ein schon fast kurioser Leitsatz aufhorchen:
         „Bei einem jährlichen Mindesteinkommen von € 100.000,00 ist eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nicht ersichtlich“.
Das Urteil befasst sich mit der Frage, inwieweit aufgrund der Neustrukturierung eines Vertriebssystems Arbeitnehmer ggf. Einbußen bei variabler Vergütung hinzunehmen haben. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass unternehmerische Organisationsentscheidungen allein einer Missbrauchskontrolle unterliegen und aus der allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Vertragspartner die Pflicht des Arbeitgebers, ein bestimmtes Vertriebssystem unverändert beizubehalten oder zu unterhalten, nicht abgeleitet werden kann. Der Arbeitgeber ist also frei darin, seine Vertriebsstruktur zu reorganisieren und z. B. Regionaldirektionen oder Vertriebsgebiete zusammenzufassen. Der Kläger hatte als Mitarbeiter im Außendienst zwischen 1999 und 2008 jeweils Jahreseinkommen zwischen € 363.000,00 und € 174.000,00 erzielt. Das Bundesarbeitsgericht betont, dass es selbstverständlich auch im Arbeitsverhältnis möglich ist, ein auf den Geschäftsabschluss bezogenes erfolgsabhängiges Entgelt (Vermittlungsprovision) zu vereinbaren. Dies ist nur dann nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es dem Arbeitnehmer im Einzelfall nicht möglich wäre, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Urteil durch klare Worte noch einmal herausgestellt, dass die Unternehmen in ihren unternehmerischen Entscheidungen frei sind, ihr Vertriebssystem umzustrukturieren. Dies ist zu begrüßen.