Bundestag und Bundesrat haben am 18./19.11. 2021 eine Testpflicht am Arbeitsplatz verabschiedet. Die Gesetzesmaterialien finden sich in BT-Drucksache 20/78 (Normtext) und BT-Drucksache 20/89 (Begründung). Der neue § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist am 23.11.2021 im BGBl. I , Seite 4907 veröffentlicht und am 24.11.2021 in Kraft getreten. Arbeitgeber müssen die Neuregelungen ab dann umsetzen.
Durch § 28b Abs. 6 IfSG wird das BMAS ermächtigt, die detaillierteren Umsetzungsmaßnahmen durch Verordnung zu regeln. Das gilt insbesondere für die Überwachungs-und Dokumentationspflichten (Abs. 3) , aber auch für die Pflichten des zur 3-G-Zugangsbeschränkung (Abs.1).
Die am 25.11.2021 vom BAMS als PDFÂ zusammengestellten „Fragen und Antworten zum betrieblichen Infektionsschutz“ finden Sie hier.
Was wird geregelt:
3G – Regelung und Nachweispflicht
Arbeitsstätten i.S.v. § 2 Abs. 1 und 2 der Arbeitsstättenverordnung, an denen ein physischer Kontakt zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten, den Betriebsangehörigen untereinander sowie zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, dürfen Beschäftigte (und Arbeitgeber) nur betreten, wenn Sie über einen aktuellen Nachweis der Impfung, der Genesung oder eines Tests verfügen. Wichtig: Dieser Nachweis muss von den Beschäftigten mitgeführt werden (§ 28b Abs. 2 Satz 1 IfSG).
Physische Kontakte setzen keinen direkten Körperkontakt voraus. Es genügt, wenn ein Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann (BT-Drucksache 20/89, Seite 17). Nicht erheblich ist auch, ob Beschäftigte auf andere Personen treffen. Die Regelung gilt auch für „Sammeltransporte“. Diese liegen schon vor, wenn der Arbeitgeber einen betriebseigenen PKW zur Verfügung stellt oder Absatzkosten übernimmt und wenn in dem Fahrzeug zwei Beschäftigte transportiert werden, erst recht bei einem eingerichteten Werksverkehr.
Eine geimpfte Person ist nur eine solche, die keine Symptome zeigt. Das folgt aus § 2 Nr. 2 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmen Verordnung vom 8.5.2021.
Liegen also typische Symptome einer Corona Infektion vor, gilt ist dem Beschäftigten der Zutritt zu verweigern. Gleiches gilt im Ãœbrigen auf im Hinblick auf den Status „genesen“ bzw. „getestet“. Auch hier wird der Status ergänzend durch das Nichtvorliegen typischer Symptome einer Corona Infektion bestimmt. Liegen Symptome vor, ist der Zutritt zu verweigern.
Ein PCR-Test hat nur noch für 48 Stunden Gültigkeit (§ 28b Abs. 1 Satz 2 IfSG).
Der sogenannte Antigen-Schnell Test darf längstens 24 Stunden alt sein. Was ein solcher Test ist, wird durch § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG definiert: Dafür ist ein Test gemäß § 2 Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmen Verordnung vom 8.5.2021 relevant. Testnachweis im Sinne von § 2 Nr. 7 Buchst. a) und b) sind auch Testungen, die der Arbeitgeber im Rahmen einer betrieblichen Testung nach den Arbeitsschutzregeln durch Personen mit der erforderlichen Ausbildung und Kenntnis und Erfahrung durchführt oder die von solchen Personen überwacht werden. Die Überwachung muss vor Ort durch den Arbeitgeber oder die von ihm beauftragte Person erfolgen.
Beschäftigte können dann das Angebot des Arbeitgebers auf mindestens zweiwöchentliche Testung gemäß § 4 Abs. 1 der Corona-Arbeitsschutzverordnung annehmen. Diese Testungen können dann von den ausgebildeten und beauftragten anderen Beschäftigten überwacht und attestiert werden. Eins Pflicht, eine solche Überwachungs- bzw. Testmöglichkeit einzurichten, besteht für Arbeitgeber nicht. Mehr als die Zurverfügungstellung der beiden „einfachen“ Selbsttests gemäß § 4 Abs.1 Corona-Arbeitsschutzverordnung muss der Arbeitgeber nicht machen.
Ansonsten und im Übrigen (in Bezug auf die weiteren Tests) fallen die Kosten der Tests den Beschäftigten zur Last, soweit diese nicht den kostenfreien wöchentlichen Bürgertest nutzen.
Es handelt sich in keinem Fall um vergütungspflichtige Arbeitszeit, da die Zeit für die Tests nicht ausschließlich fremdnützig ist.
Wichtig: Ausnahmsweise darf der Beschäftigte die Arbeitsstätte ohne Testnachweis betreten, wenn er unmittelbar vor der Arbeitsaufnahme ein solches Testangebot des Arbeitgebers oder ein Impfangebot des Arbeitgebers wahrnehmen möchte. Sonst nicht ohne Nachweis von Impfung, Genesung oder Testung.
Ãœberwachung
Arbeitgeber (Betriebe, Einrichtungen und Unternehmen) sind verpflichtet, die Nachweise über den Status „geimpft“, „genesen“ oder „getestet“ täglich zu kontrollieren. Bei den Kontrollen über den Status „geimpft und genesen“ sind vereinfachte Kontrollprozesse denkbar (BT-Drucksache 20/89, Seite 18): Das kann durch Listen erfolgen, z.B. indem sich der Arbeitgeber die Cov-Pass-App zeigen lässt und den Status „geimpft“ mit dem Auslaufdatum tabellarisch speichert.
Oder: Beim Betreten des Betriebsgeländes wird der im Status ähnlich wie bei einer Großveranstaltung (Fußballspiel) durch Einscannen geprüft und gespeichert. In einem mittelständischen Betrieb können einfache tabellarische Auflistungen mit den Namen der Beschäftigten und dem aktuellen Impfstatus angefertigt werden. Betriebe können also manuell oder digital die Daten erfassen.
Nach § 28b Abs. 3 Satz 3 IfSG dürfen Arbeitgeber die Beschäftigten-Daten in Bezug auf den Status „genesen, geimpft oder getestet“ verarbeiten. Dieser Status kann auch insoweit verarbeitet werden, als der Arbeitgeber das betriebliche Hygienekonzept auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung gemäß den §§ 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes anpassen will (BT-Drucksache 20/89, Seite 19).
Die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind zu beachten: Damit ist auf Datenminimierung und –sparsamkeit zu achten. Vor allem aber muss der Arbeitgeber im Hinblick auf die Löschpflicht gemäß Art. 17 DSGVO ein Löschkonzept erstellen. Das muss berücksichtigen, dass die zuständige Behörde von jedem Arbeitgeber Auskünfte verlangen kann, ob die Vorgaben zur 3G-Regelung eingehalten sind. Das Gesetz tritt gemäß § 28b Abs. 7 IfSG nicht vor dem 19.3.2022 außer Kraft. Bis dahin können die Daten in jedem Fall aufbewahrt werden, da mit behördlichen Kontrollen zu rechnen ist, wie aus § 28b Abs. 3 Satz 5 IfSG deutlich wird.
Nach § 28b Abs. 2 IfSG gelten für Einrichtungen und Unternehmen, in denen besonders vulnerable Personen behandelt, betreut, gepflegt oder untergebracht sind, sowie Besucher solcher Einrichtungen besondere Regelungen. Diese dürfen die Einrichtungen nur betreten, wenn sie als getestet gelten. Das gilt auch für Personen, die aus einem beruflichen Grund die Einrichtung betreten wollen, wie beispielsweise Therapeuten, Handwerker oder Paketboten. Der Kreis der Einrichtungen definiert sich nach § 23 Abs. 3 S. 1 IfSG sowie § 36 Abs. 1 Nr. 2 und 7 IfSG.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Weist der Beschäftigte seinen Status als genesen, geimpft oder getestet (3G-Status) nicht nach, bietet er seine Arbeitskraft nicht ordnungsgemäß an, da der Arbeitgeber ihn nach § 28 b Abs. 2 IfSG nur mit diesem Nachweis beschäftigen kann.
Kann die Arbeit vertragsgemäß im Home-Office erbracht werden, behält der Arbeitnehmer den Vergütungsanspruch, falls der Arbeitgeber keine Tätigkeit im Home-Office anbietet, wie es § 28b Abs.4 IfSG wieder verlangt. Bietet der Arbeitgeber Home-Office an, lehnt Arbeitnehmer die Tätigkeit dort ab und erbringt den 3-G-Nachweis nicht, verliert er den Vergütungsanspruch.
Entsprechendes wird gelten, falls der Arbeitnehmer mangels 3-G-Nachweis den Arbeitsplatz nicht erreichen kann. Dann gelten die Regelungen zum Wegerisiko, das grundsätzlich der Arbeitnehmer trägt.
Daneben liegt eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis vor, die als solche mit Ermahnungen und Abmahnungen und bishin ggf. zur Kündigung sanktioniert werden kann. An die Abmahnung und insbesondere Kündigung wird man wegen des hoffentlich vorübergehenden Zeitraums der Verpflichtung möglicherweise höhere Anforderungen stellen müssen. Insbesondere stellt sich die Frage nach betrieblichen Störungen und der Prognose. Arbeitgeber sollten daher ausdrücklich fragen, ob die Beschäftigten wenigstens den Nachweis zum Teststatus erbringen wollen, da dann eine Beschäftigung möglich ist.
Setzt der Beschäftigte einen gefälschten Test ein (siehe Markus Anfang bei Werder Bremen), berührt dies den Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses, da auch sonst nicht auf die Wahrheitsgemäßheit der Erklärungen des Beschäftigten vertraut werden kann. Hier kommt die außerordentliche Kündigung in Betracht. Dies gilt umso mehr, als dass der Beschäftigte im Zusammenhang mit seiner Erklärung das hohe Rechtsgut der Gesundheit von Kunden und Kollegen gefährdet.
Home-Office
Die schon früher bekannte Home-Office-Regelung wird durch § 28b Abs. 4 IfSG wieder in Kraft gesetzt. Nur wenn zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen, kann von Home-Office bei Bürotätigkeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten abgesehen werden. Betriebsabläufe müssten erheblich eingeschränkt werden oder gar nicht aufrechterhalten werden können. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 20/89, Seite 19) nennt Beispiele:
- mit einer Bürotätigkeit verbundene Nebentätigkeiten wie die Verarbeitung oder Verteilung der eingehenden Post,
- die Bearbeitung des Wareneingangs und des Warenausgangs,
- Â Schalterdienste bei weiterhin erforderlichen Kunden-und Mitarbeiterkontakten,
- Materialausgabe,
- Reparatur- und Wartungsaufgaben – zu denken ist insbesondere an IT – ,
- Hausmeisterdienste (die vielleicht aber gar keine Bürotätigkeiten sind und deshalb schon tatbestandlich von der Home-Office-Pflicht ausgenommen werden können) und
- Notdienste.
Sind die notwendigen Techniken für das Home-Office noch nicht vorhanden, kann das nur vorübergehend die Home-Office Pflicht suspendieren. Ohnehin dürften nun Ende 2021 erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen sein, warum man ein Home-Office nicht einrichten kann.
Beschäftigte können das Home-Office Angebot mit „Gründen, die dem entgegenstehen“ ablehnen. Solche Gründe müssen – wie schon im Frühsommer 2021 – nicht weiter substantiiert werden. Zum Umfang der (Nicht-)Begründungspflicht möchte ich auf den Blog meines Kollegen Freh vom 21.4.2021 verweisen. Da ist alles vom DGB Chef gesagt.