Das Bundesarbeitsgericht hat in seinen Urteilen vom 20.12.2022 (9 AZR 266/209, 9 AZR 245/19, 9 AZR 401/19) Arbeitnehmerrechte dahingehend ausgeweitet, dass der Eintritt der Verjährung von Urlaubsansprüchen davon abhängig ist, ob der Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt wurde.
Grundsätzlich unterliegt die Verjährung von Urlaubsansprüchen einer dreijährigen Verjährungsfrist, wobei diese Frist mit Ablauf des betreffenden Urlaubsjahres beginnt (§§ 195, 199 BGB).
Diese Verjährung tritt nach den Urteilen des BAG jedoch nur dann ein, wenn der Arbeitgeber auf ein mögliches Verfallen von Urlaubsansprüchen wegen Eintreten der Verjährung nicht konkret klar und rechtzeitig hingewiesen hat und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht im Urlaubsjahr genommen hat. Das BAG begründet dies damit, dass die Rechtssicherheit, die die Verjährung sicherstellen will, in diesem Fall hinter dem Ziel, die Gesundheit zu schützen, rückstehen müsse.
Im Fall der fehlenden Information durch den Arbeitgeber verfallen Urlaubsansprüche somit weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG), noch kann sich der Arbeitgeber auf die Verjährung berufen.
Im ersten Fall des Bundesarbeitsgerichts ging es um eine Mitarbeiterin, die bis zu ihrem Ausscheiden aus betrieblichen Gründen ihren Urlaub nicht vollständig in Anspruch nehmen konnte, in den anderen beiden Fällen um Mitarbeiter, bei denen infolge ihrer Arbeitsunfähigkeit dies nicht möglich war. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung zwar dahingehend bestätigt, dass bei langfristiger Arbeitsunfähigkeit der gesetzliche Urlaubsanspruch eines seit Beginn oder im Verlauf des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt. Wenn der Arbeitnehmer jedoch erst im Laufe des Kalenderjahres erkrankt und vorher tatsächlich gearbeitet hat, findet diese 15-Monatsfrist nur dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen.
Arbeitgeber sollten deshalb ihre Arbeitnehmer mindestens einmal im Jahr schriftlich oder in Textform über die Anzahl der verbleibenden Urlaubstage informieren, zu rechtzeitiger Beantragung des Urlaubs auffordern und über die Konsequenzen bei dessen Versäumung belehren, d.h. auch auf die Verjährung hinweisen.
Zum Autor: Markus Künzel ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner sowie Leiter der Praxisgruppe Arbeitsrecht bei der BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München